Teil 12 Ein Torero aus Eichenholz

Stark wie ein Stierkämpfer, seidig wie sein Gewand: Rioja macht Spanien doppelt sympathisch. Dafür muss der Wein ausgiebig ruhen - im Fass aus gutem Holz.

Diese Woche betritt ein Held der spanischen Weinkultur die Arena - ein Rioja. Wir haben einen Vertreter gewählt, der über die Kraft und die Eleganz eines echten Toreros verfügt. Wie dieser sich vor dem Kampf in seinen seidenen Anzug einnähen lässt, so ist auch unserem Wein die Seidigkeit wie auf den Leib geschneidert. Auf ins Gefecht!

Wer spanischen Wein wirklich verstehen möchte, für den ist dieser Rioja genau richtig. Hier vereint sich die Frucht der Trauben ausdrucksstark mit einfühlsam dosierten Eichenholznoten. Der Lar de Sotomayor duftet voluminös nach schwarzen Johannisbeeren, erinnert an Rumtopf und schwarzen Tee. Ein warmer und vielschichtiger Duft - erdig, harzig und mit einer Spur Minze. Muy bien! Er schmeckt nach Pfeffer, Schattenmorelle, Bitterschokolade und etwas Lakritze, umspielt von angenehmer Säure. Der Sotomayor ist eine Crianza (also zwei Jahre gelagert, davon mindestens ein Jahr im Holzfass, siehe Teil 11 der Weinschule) und besteht zu 80 Prozent aus den Rebsorten Tempranillo und zu je 10 Prozent aus Garnacha und Graciano. Letztere ist eine seltene Spezialität und wird nur von überzeugten Winzern angebaut, die mit dieser Diva - kompliziert anzubauen, niedrige Erträge - umzugehen wissen. Wie die Weinbauern auf der Bodega Domeco de Jarauta: Ihr Sotomayor spielt die ideale Begleitmusik zu einer sanft mit Rosmarin geschmorten Lammkeule. Dazu passen krosse Ofenkartoffeln und reichlich Weißbrot, mit dem sich der Bratensaft trefflich aufnehmen lässt. Welches Gemüse? Gemüse ist für Kaninchen, nicht für Toreros. Olé!

Auch in Spanien ist das Barrique (dort "Barrica") aus den Bodegas nicht mehr wegzudenken. Dieses relativ kleine Fass aus neuer Eiche hat 225 Liter Inhalt und wird bei seiner Herstellung von innen geröstet. Es kostet rund 500 Euro und wird in der Regel nur dreimal mit Wein "belegt" (über einen Reifezyklus gefüllt), damit er Aromen und Gerbstoff aus dem Holz aufnimmt und durch den Sauerstoffeinfluss reift und haltbarer wird. Rauch, Vanille, Toast, Röstaromen, Kaffee sind die typischen Barriquenoten. Um Geld zu sparen, werden in Übersee immer öfter getoastete Eichenchips verwendet, die man mit dem Wein lagert. Riecht und schmeckt ähnlich, ist aber Fudel: Chips machen Wein nicht haltbar. Der name Rioja kommt von Rio Oja, dem Fluss im Nordosten Spaniens. Als beste Anbauzonen gelten Rioja Alta und Alavesa in 400 bis 600 Meter Höhe. Hauptrebsorte des Rioja ist die Tempranillo, traditionell verwendet werden aber auch Garnacha, Graciano und Mazuelo. Es gibt auch Rosé und weißen Rioja, sie spielen aber keine große Rolle.

Spanien hat die größte Weinbaufläche der Welt, kommt mengenstatistisch nach Frankreich und Italien aber nur auf Rang drei. Das liegt an der Trockenheit, der Hitze und den urwüchsigen Weinbergen mit großen Rebzeilenabständen. Die Reben brauchen unter diesen klimatisch extremen Bedingungen mehr Platz, um über die Runden zu kommen, ergeben aber bei entsprechender Pflege exzellente, konzentrierte und doch elegante Rotweine.

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Fabian & Cornelius Lange