Erfahrungsbericht Wie ich die 200-Euro-Einmalzahlung beantragen wollte – und fast durchgedreht bin

Die Studierenden sitzen dicht nebeneinander bei der Vorlesung "BWL 1" im Hörsaal H1 der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU)
Ab 15. März können Studierende die 200-Euro-Einmalzahlung offiziell beantragen
© Rolf Vennenbernd / DPA
Ab heute können Studierende eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro beantragen. Sie ist Teil des dritten Entlastungspakets des Bundesregierung. Unsere Autorin studiert und wartet seit Monaten auf diesen Tag. Er hat sie viele Nerven gekostet. 

Am 7. September 2022 veröffentlichte die Bundesregierung die Einzelheiten zum dritten Entlastungspaket. Mit den Worten "Deutschland steht in einer schwierigen Zeit zusammen" wurden viele Zahlungen versprochen, die den Menschen im Land finanzielle Hilfe ermöglichen sollten. Das ist ein halbes Jahr her. Die Bundesregierung hatte damals unter anderem eine 200-Euro-Einmalzahlung an Studierende versprochen. In der offiziellen Erklärung hieß es: "Es wird mit den Ländern beraten, wie die Auszahlung schnell und unbürokratisch erfolgen kann." 

Nach etwa fünf Monaten kam dann diese schnelle Lösung. Einmalzahlung200.de – was wie eine Phishing-Seite klingt, ist eine wahre Meisterleistung der Bundesregierung in Zeiten der Digitalisierung. Denn sie ermöglicht eine hoffentlich unbürokratische Lösung für Studierende, an die versprochenen 200 Euro zu kommen. Die fast 50 Fragen, die die Bundesregierung auf ihrer Website zum Thema "Einmalzahlung für Studierende" beantwortet, lassen mich jedoch an der Einfachheit des Antrags zweifeln.

Und während ich als Studentin froh bin, dass im dritten Entlastungspaket endlich auf Studierende eingegangen wurde, muss ich hier trotzdem anbringen, dass die 200 Euro in Zeiten der Energiekriese, mit gestiegener Inflation und immer teureren Lebensmitteln, kaum für Entlastung sorgen können. Das und die zusätzlich aufwendige Bürokratie schreckt viele Studierende ab, die Einmalzahlung überhaupt zu beantragen. Und vielleicht war genau das das Ziel der Bundesregierung: Die schnelle und unbürokratische Entlastung für Studierende so lange wie möglich hinauszuzögern, dass viele das Geld vergessen oder nach zwei Jahren Corona, einem Krieg in Europa und täglich begleitenden Existenzängsten einfach keine mentalen Kapazitäten haben, sich mit der deutschen Bürokratie auseinanderzusetzen.  

Eine Reise durch den Bürokratie-Dschungel und die Digitalisierungswüste Deutschlands

Da ich eine Studentin bin, die sich in ihrem Leben bisher glücklicherweise noch recht wenig mit der deutschen Bürokratie auseinandersetzen musste und gleichzeitig nicht auf die 200 Euro verzichten kann, war ich Feuer und Flamme, mir eben diesen Teil des Entlastungspaketes zu sichern. Also begab ich mich in die Tiefen des Bürokratiedschungels. Meine Expedition startete allerdings nicht erst am Beantragungstag. Ab heute kann man zwar die Einmalzahlung offiziell beantragen, doch dafür mussten einige Schritte im Voraus geleistet werden. Man braucht nämlich eine BundID. Eine Identifikation, von der ich persönlich noch nie vorher gehört habe.

Inzwischen kenne ich sie jedoch sehr gut. Die Beantragung ist nämlich aufwendig. Dafür braucht man entweder ein Elster-Zertifikat oder einen gültigen Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion. Beides hatte ich nicht. Und obwohl ein Elster-Zertifikat zu beantragen im Nachhinein kein Hexenwerk war, habe ich Zeit investiert, die ich mir gerne gespart hätte. Denn es reichte nicht, sich nur beim Online-Finanzamt "Elster" zu registrieren. Ich musste auch noch auf einen Identifikationsbrief warten. Nun ist es mit der deutschen Post aber ähnlich wie mit der deutschen Bürokratie – schnell und unbürokratisch geht da nichts. Über eine Woche dauerte es, bis ich den Brief öffnen und meine Registrierung abschließen konnte. Ich war nun stolze Besitzerin eines Elster-Zertifikats!

Jetzt wird's ernst: Die Beantragung der Einmalzahlung

Mit der BundID ausgestattet, will ich dann heute morgen die 200 Euro schnell und unbürokratisch beantragen. Blöd nur, dass viele andere Studierende den gleichen Gedanken haben und wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass Einmalzahlung200.de komplett überlastet ist. Meiner Universität geht es da übrigens ähnlich, denn während ich mich mit der dreistündigen Warteschlange vertraut mache, versuche ich gleichzeitig den notwendigen Code meiner Uni zu bekommen. Nur damit kann ich beweisen, tatsächlich am 1. Dezember 2022 an der Universität studiert zu haben. Aber auch hier muss ich Geduld haben. Gut, dass ich in den letzten sechs Monaten gelernt habe, ruhig zu warten und mich nicht über die unnötig komplexen Regelungen aufzuregen.

Als ich endlich alle Dokumente, Passwörter und Identifikationen zusammengetragen habe und die Warteschlange überstanden ist, kann ich mich mit der BundID anmelden. Und es wäre definitiv zu einfach gewesen, nun auf einen Button mit "Einmalzahlung beantragen" zu klicken. Stattdessen schickt mich die Bundesregierung direkt in die nächste Warteschlange. Hier scheint die Wartezeit aber nur 45 Minuten zu betragen. So kurz vor dem Ziel bete ich zu jeder höheren Kreatur, dass mein PC nicht abstürzt. Ich habe keine Lust mehr.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Dann kann ich endlich meine Daten eingeben. Hier habe ich sogar die Möglichkeit, die Daten aus der BundID übertragen zu lassen, sodass ich sie nicht erneut eingeben muss – vielleicht ist das ja die rettende Oase in der Digitalisierungswüste. Damit habe ich wirklich Zeit gespart. Und die brauche ich auch, denn nun hänge ich schon wieder in einer Warteschlange!

Nach etlichen Stunden Warten ist es dann endlich, endlich vollbracht. Meine Reise durch den deutschen Bürokratiedschungel und die Digitalisierungswüste Deutschlands ist geschafft und am Ende stehen hoffentlich bald 200 Euro auf meinem Konto. Ich bin sehr gespannt, wie lange die Überweisung dauern wird.