Für Stefan Göbel ist der Fall klar. "Die Kommunikation der Bahn ist einfach nur verwirrend", sagt der Rheinländer. Eigentlich wollte er um 12:55 Uhr mit dem ICE nach Siegburg fahren. Doch mittlerweile steht er schon über eine Stunde mit seinem schweren Koffer auf dem Bahnsteig und hofft, dass er endlich weiterfahren kann. "Um 14.23 Uhr wurde mir gesagt, dass es weiter in Richtung Köln geht", erzählt er. Doch der Siegburger, der gerade in Bayern Urlaub gemacht hat, ist skeptisch, dass er wirklich mit eineinhalb Stunden Verspätung zu Hause ankommt. Schließlich musste er bereits einen ICE wegen Überfüllung wieder verlassen. "Da wurde dann plötzlich durchgesagt, dass Fahrgäste Richtung Köln einen anderen Zug nehmen sollten", sagt er.
So wie Göbel geht es Hunderten Pendlern und Urlaubern an diesem Freitag, die am Münchner Hauptbahnhof auf ihren Zug nach Hause warten. Wegen eines Bahnunfalls auf der Kölner Rheinbrücke hatte die Bahn vorsorglich 60 ICEs der dritten Generation in die Werkstätten beordert und in der Folge zahlreiche Verbindungen gestrichen.
Allein am Münchner Hauptbahnhof sind fast 50 ICE-Strecken betroffen - laut einem Sprecher vor allem auf den Strecken nach Dortmund, Frankfurt und Essen. Zwischen München und Nürnberg fällt stündlich eine Fahrt aus.
"Wie in der Konserve"
Seitens der DB heißt es, kein Fahrgast müsse länger als eine halbe Stunde warten. Doch zahlreiche Fahrgäste berichten, sie seien schon weit länger vertröstet worden. Auch Matthew Allard, der nach Frankfurt will, sagt, sein Zug gehe 45 Minuten später. Und auch, wer es schließlich in einen ICE in Richtung Heimat geschafft hat, ist oft fassungslos: Manche Züge, die abfahren, sind so voll, dass die Leute nicht einmal im Gang Platz haben. Ein Geschäftsmann, der nach Frankfurt will, sagt er, habe freiwillig einen spätern Zug genommen. "Im ICE davor hat man sich wie in einer Konserve gefühlt", schimpft er.
Die Angestellten am Service-Schalter der Bahn geben ihr Bestes. Doch nicht nur ausländische Touristen sind trotz Beratung oft ratlos. Eine ältere Frau, die am Infoschalter in der Schlange steht, poltert: "Heute ist es besonders schlimm. Doch die Freitagszüge sind immer voll und oft verspätet." Das liege daran, "dass die Bahn viele Wagen eingespart hat". Der Bahnfahrer sei der "Dumme", schimpft sie. Aber es gibt auch andere Stimmen. "Sicherheit geht vor. Und am Bahnhof zu warten, ist immer noch besser, als auf der A-8 im Stau zu stehen", sagt etwa Klaus Bellgart. Und mit einer Platzkarte sei auch die Überfüllung kein Problem.
Manche gewinnen den Verspätungen sogar etwas Gutes ab. "Die Geschäfte laufen, weil viele Leute in der Wartezeit ein Eis kaufen", freut sich etwa die Eisverkäuferin. Und das wird sich nicht so schnell ändern: Ein Bahnsprecher sagte stern.de, dass die Zugausfälle voraussichtlich bis Anfang nächster Woche andauern dürften.