Delmenhorst Stadt kauft Nazis Hotel weg

Damit das "Hotel am Stadtpark" nicht in die Hände von Nazis fällt, hat Delmenhorst jetzt einen "enormen" Preis bezahlt. Doch die drei Millionen Euro waren es für die hoch verschuldete Stadt Wert, sagt der Oberbürgermeister.

Der Schock saß tief bei vielen der 80.000 Delmenhorster. Aufmärsche von Rechtsextremisten mit ausländerfeindlichen Parolen, Parteitage der NPD, Schulungen für die Nachwuchskader rechter Kameradschaften - mit diesen Horrorszenarien vor Augen wuchs die Angst in der Stadt vor den Toren Bremens binnen kurzer Zeit zu einem Zentrum des Rechtsextremismus in Deutschland zu werden. Anfang August tönte der rechtsextreme Hamburger Anwalt Jürgen Rieger, er will das leer stehende "Hotel am Stadtpark" in der Stadtmitte kaufen und gleich auch noch Personal aus der rechten Szene mitbringen.

"Wir haben es geschafft"

Nach einem mehrmonatigem Verhandlungsmarathon, Mahnwachen, Demonstrationen und Konzerten durchkreuzte die Stadt nun die Pläne der rechten Szene. Nun atmet die Stadt auf: Nach einigen undurchsichtigen Manövern verkauft der Ex-Hotelier und bisherige Eigentümer für drei Millionen Euro das Hotel an die kommunale Wohnungsgesellschaft. "Wir haben es geschafft, wir haben die Rechten abgewehrt", sagt Oberbürgermeister Patrick de la Lanne (SPD). Allerdings waren die Verhandlungen sehr zäh. "Es gab bis in den Dezember hinein eine akute Bedrohung durch einen Kauf von Rieger", sagt Kaufvermittler Christian Glaß.

Mit einem Konzert "Rock gegen Rechts", Unterschriftenaktionen, Spendensammlungen, der Versteigerung von Trikots vom Bundesligisten Werder Bremen oder zuletzt der Spende einer Goldenen Platte der wohl bekanntesten Delmenhorsterin Sarah Connor versuchten die Menschen Rieger einen Strich durch die Rechnung zu machen. Letztlich mit Erfolg, doch nicht immer ohne Kritik.

Schnell wurden nach dem Kaufinteresse der Stadt auch Stimmen laut, die eine Erpressbarkeit der Gesellschaft fürchteten. So hieß es, dass sich letztendlich die NPD und ihre Helfershelfer ins Fäustchen lachen, weil sie praktisch für jedes Objekt ein Kaufinteresse anmelden und so Wirbel verursachen könnten. "Die Stadt wäre den Bach heruntergegangen und Bremen dazu", verteidigt der Oberbürgermeister das Vorgehen, das zugleich eine neue Schlappe für den Extremisten Rieger bedeutet.

Unlängst vom Landgericht Verden wegen Bedrohung eines Journalisten zu einer Geldstrafe verurteilt, scheiterten Riegers Ambitionen für ein rechtes Schulungszentrum zuvor auf einem ehemaligen Bundeswehrgelände bei Dörverden. Stadt und Landkreis durchkreuzten die Pläne des vom Verfassungsschutz als "unverbesserlichen Rassisten" bezeichneten Anwalts mit Verbotsverfügungen. 1998 war bereits ein Tagungszentrum in Hetendorf bei Celle verboten worden.

Erfolg gegen rechts

Delmenhorst feiert den Sieg im Tauziehen um das überteuerte Hotel indes als Erfolg gegen Rechtsextremisten. Der Kaufpreis liegt fast 1,7 Millionen Euro über dem Verkehrswert. "Der Preis ist ein enormer, aber ein politisch notwendiger", sagt Glaß. Doch was aus der leer stehenden Immobilie nun werden soll, dafür gibt es noch kein Konzept und die mit 79 Millionen Euro hochverschuldete Stadt muss nun auch die Folgekosten tragen. Alleine die Finanzierungen belaufen sich auf 93.000 Euro im Jahr. Kostspieligen Vorschlägen werden die Stadtväter deshalb sofort eine Absage erteilen.

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Oliver Pietschmann, Julia Dutta/DPA