Astrologie Was können die Sterne? Mein erhellender Versuch mit dem westlichen und dem chinesischen Horoskop

Kreise, Zahlen, Diagramme: Sein Geburtsjahr spielt bei der astrologischen Entdeckungsreise unseres Autors eine Rolle (Symbolbild) 
Kreise, Zahlen, Diagramme: Sein Geburtsjahr spielt bei der astrologischen Entdeckungsreise unseres Autors eine Rolle (Symbolbild) 
© yacobchuk / Getty Images
Die Astrologie boomt. Unser Autor hat sich zwei Horoskope ausstellen und sie gegeneinander antreten lassen: ein westliches und ein östliches. Das Ergebnis: erstaunlich.

Dieses Stück stammt aus dem stern-Archiv und erschien zuerst zu Silvester 2021. 

Ich bin ein stolzer Jünger der Aufklärung. Meine Vernunft bete ich an. Was sie nicht erklären kann, gibt’s nicht. Punkt.

Na ja, fast Punkt. Ich muss zugeben, dass auch ich meine mystischen Rituale habe. Bloß nicht neben den Zebrastreifen treten! So was. Irgendwie muss man die immer blindwütiger dahinkreiselnde Wirklichkeit in ihre Schranken weisen. Gerade jetzt, wo uns alles zu entgleiten droht.

Und Vernunft hin oder her: Ehrlich gesagt, habe ich seit Jahren das Gefühl, dass mir mein Sternzeichen Löwe wie angegossen passt. Ich fühle mich einfach eher als König der Savanne denn als Waage, die im hinteren Eck eines Trödlerladens verstaubt; brülle einfach lieber, als abwiegelnd hin und herzupendeln. Jeder, der mich kennt, würde sofort beipflichten: typischer Löwe!

Die Treffsicherheit meines Horoskops ist mir ein bisschen peinlich. Kann eigentlich nicht sein, dass ein willkürlich zusammengewürfelter Sternenhaufen meinen Charakter prägt. Deswegen nehme ich vorsichtshalber eine ironische Distanz zu dem Phänomen ein. Ironie ist immer noch der beste Kitt, um ein rissiges Weltbild zusammenzuflicken.

Aber so kann es nicht weitergehen. Schließlich bin ich nicht allein: Überraschend viele Menschen vertrauen plötzlich wieder ihrem Horoskop. Meine Vernunft sagt: Eine Welt, die auf spinnerten Fundamenten ruht, kippt irgendwann um. Unbarmherzig diagnostiziert der Skeptiker in mir: Wir sind auf einer gefährlichen Schräge angekommen. Ich brauche schnell eine wirksame Therapie gegen den Unsinn in mir und der Gesellschaft. Sonst glauben wir bald nur noch Quatsch.