5. September, 4.20 Uhr – Geiselnahme im Morgengrauen
Acht schwer bewaffnete Terroristen des "Schwarzen September" klettern in Trainingsanzügen über den Zaun des Olympiadorfs. Sie dringen in die Connollystraße 31 ein, nehmen israelische Sportler als Geiseln.
4.52 Uhr – Die ersten Toten
Ringertrainer Moshe Weinberg wehrt sich und wird sofort getötet. Gewichtheber Josef Romano wird angeschossen. Die Täter lassen ihn vor den Augen seiner Kameraden verbluten. In ihrer Hand jetzt: neun Geiseln.

4.55 Uhr – Das Ultimatum
Die Terroristen werfen vom Balkon mehrere Zettel auf die Straße: Darauf fordern sie bis neun Uhr die Freilassung von über 200 in Israel gefangenen Palästinensern und der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof. Andernfalls würden alle Geiseln erschossen.
8.35 Uhr – Verhandlungen
Mitglieder des Krisenstabs verhandeln am Tatort mit Kommandoführer "Issa". Minuten vor Ablauf erreichen sie einen Aufschub des Ultimatums. Bundesinnenminister Genscher (3. v. l.) bietet sich später als Ersatzgeisel an. "Issa" lehnt ab.

9 Uhr – Sport nach Plan
Das Herren-Volleyballspiel Deutschland gegen Japan wird pünktlich angepfiffen. Die Spiele gehen weiter, als wäre nichts gewesen. Viele Zuschauer wissen noch nichts von dem Drama, das sich nur wenige Hundert Meter entfernt abspielt.
14 Uhr – Chaos im Park
Die Nachricht vom Anschlag hat sich herumgesprochen: Tausende Schaulustige drängen zum Tatort, viele versuchen per Fernglas von einem Hügel aus einen Blick zu erhaschen. Die Polizei wird der Menge nur mühsam Herr.

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15.38 Uhr – Die Spiele werden unterbrochen
IOC-Präsident Brundage stoppt alle Wettbewerbe. Auf "Issas" Forderung hin wurde zuvor Essen zum Apartment gebracht, von Polizisten, die als Köche verkleidet sind. Die Terroristen sind misstrauisch: Sie holen die Behälter selbst von der Straße.
16.30 Uhr – Aktion "Sonnenschein" scheitert
Als Sportler verkleidete Polizisten postieren sich mit Maschinenpistolen. Sie sollen auf das Codewort "Sonnenschein" hin die Geiseln befreien. TV-Sender übertragen live. Die Aktion wird abgebrochen. Zu riskant.

22.22 Uhr – Start nach Fürstenfeldbruck
Die Terroristen wollen jetzt nach Kairo ausfliegen. Zwei Hubschrauber bringen sie mit Geiseln zum Fliegerhorst Fürstenfeldbruck. Die Polizei geht immer noch von fünf Tätern aus, tatsächlich sind es acht.
22.33 Uhr – Ankunft
Eine Lufthansa-Maschine steht bereit, angeblich zum Abflug nach Kairo, tatsächlich besetzt mit einem Polizeikommando, als Flugpersonal getarnt. Im letzten Moment brechen die Beamten den Einsatz ab, weil sie ein "Himmelfahrtskommando" befürchten.
22.38 Uhr – Die Katastrophe
Zwei Täter inspizieren das Flugzeug und merken, dass ihnen eine Falle gestellt wurde. Scharfschützen der Polizei eröffnen das Feuer. Die Terroristen zünden eine Handgranate und schießen auf die Geiseln, die in den Helikoptern gefesselt ausharren.
6. September, 0.25 Uhr – Schreckensbilanz
Nach fast zwei Stunden endet das Feuergefecht. Fünf Terroristen sind tot, drei verletzt, alle Geiseln getötet. Zuvor hatte Regierungssprecher Conrad Ahlers gesagt, die Befreiungsaktion sei "glücklich verlaufen".

2.30 Uhr – Die Todesnachricht geht um die Welt
In München informiert der Sprecher des Organisationskomitees die Presse. ABC-Moderator Jim McKay spricht im US-TV wenig später Worte, die um die Welt gehen werden: "They are all gone" – "Sie sind alle von uns gegangen".
Dieser Text stammt aus dem stern-Archiv und erschien zuerst im August 2022.