Der Brandenburger Landtag will mit Hilfe von Bund und Land einen "Wildwuchs" beim Ausbau der Windräder stoppen. Die Koalitionsmehrheit von SPD und BSW fordert die SPD/BSW-Landesregierung auf, sich im Bund dafür einzusetzen, dass außerhalb ausgewiesener Windenergiegebiete keine Windkraftanlagen genehmigt werden dürfen. Außerdem sollen Möglichkeiten geprüft werden, "damit es nicht zu einem unkontrollierten Ausbau kommt". Erneuerbare Energien sollen stärker regional genutzt werden.
Infrastrukturminister Detlef Tabbert (BSW) unterstützt die Forderungen. Er sagte zugleich zu, einen unkontrollierten Ausbau so schnell wie möglich einzudämmen. Die regionalen Pläne für die vom Bund geforderte Ausweisung von Windenergieflächen sollten zügig genehmigt werden, um die bisher bestehende Privilegierung von Genehmigungen so schnell wie möglich einzuschränken, sagte Tabbert.
"Bei allem Fortschritt müssen wir auch an das Aussehen unserer Heimat denken, sonst verlieren wir die Akzeptanz für die Windenergie", sagte der SPD-Umweltpolitiker Wolfgang Roick. Die BSW-Energiepolitikerin Jenny Meyer warnte: "Der aktuelle Wildwuchs untergräbt die Akzeptanz vor Ort. Er schädigt unsere Kulturlandschaften und zerstört das Vertrauen in Politik."
Koalition will Moratorium
Der für die Klimaziele notwendige Ausbau der Windkraft löst in Brandenburg immer wieder Konflikte mit betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern aus. Der Bund verpflichtet die Länder, bis 2032 mindestens zwei Prozent ihrer Fläche für Windenergie an Land bereitzustellen, indem sie Windenergiegebiete ausweisen, die als Vorranggebiete dienen. Ein neues Bundesgesetz seit diesem Jahr soll dafür sorgen, dass Windkraftanlagen in den Regionen nicht weiter außerhalb dieser Vorranggebiete gebaut werden. Davon ist die Erneuerung älterer Anlagen ausgenommen.
Die Koalition will nun eine Art Moratorium und orientiert sich an Nordrhein-Westfalen: Dort gibt es einen Genehmigungsstopp für Windkraftanlagen außerhalb neu ausgewiesener Windenergiegebiete, um den Ausbau auf gewollte Flächen zu lenken.
AfD warnt vor "sinnlosem" Ausbau
AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt verlangte ein Ende eines unkontrollierten und "sinnlosen" Ausbaus von Windkraftanlagen. Die AfD zweifelt den Menschen gemachten Klimawandel an. Die AfD brachte einen eigenen Antrag ein, den die übrigen drei Fraktionen ablehnten. Infrastrukturminister Tabbert kritisierte, die AfD fordere einen sofortigen Genehmigungsstopp ohne Rechtsgrundlage, das ziele auf einen Bruch geltenden Bundesrechts ab.

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Der CDU-Abgeordnete Corrado Gursch sprach von "heißer Luft" bei der Koalition. Nötig sei, die Kosten für den Netzausbau zu senken, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Klagerechte für Umweltrechte zu "verschlanken".
Branche droht mit Schadenersatzforderungen
Der Landesverband Erneuerbare Energien Berlin Brandenburg hält die Forderungen der Koalition für falsch. Brandenburg wolle mit dem Antrag Projekte von Unternehmen stoppen, "die nichts anderes machen, als geltendes Recht anzuwenden", sagte der Vorsitzende Jan Hinrich Glahr. Er warnte: "Damit könnten auch Schadensersatzforderungen im Raum stehen."
In Brandenburg sind nach jüngsten Zahlen rund 4.100 Windräder mit 9.200 Megawatt Gesamtleistung in Betrieb. Das Land gehört mit Niedersachsen (13.400 Megawatt) und Schleswig-Holstein (9.200 Megawatt) zu den Top 3. Der Ausbau der Windenergie hat kräftig zugelegt, wie aus einem Bericht des Fachverbands Wind und Solar hervorgeht.