Sarah Palins Familien-Clan Die Anti-Kennedys

  • von Theresa Breuer
Sarah Palin ist die informelle Chefin der Tea-Party-Bewegung - und liefert privat eine Endlos-Soap ab. Geschichten aus dem Palin-Clan.

Die armen Amerikaner. Hatten nie eine Königsfamilie, deren Skandale, Affären, Trennungen und Ausrutscher sie bewundern und verachten konnten. Bis die Kennedys kamen. John F. und Jackie, so schön, so weltgewandt, so erhaben. Die Hochzeit im pittoresken Newport, ein Traum! Die Ermordung John F.s, eine Tragödie! Die erneute Vermählung der Witwe Jackie mit dem milliardenschweren Reeder Onassis, ein Skandal!

Heutzutage hat die Politprominenz "Made in the USA" nicht mehr dasselbe Format. Man betrachte nur den Clan von Sarah Palin. Ja genau, Sarah Palin, die Dame, die versehentlich zur Vize-Präsidentschaftskandidatin der Republikaner im letzten Wahlkampf gekürt wurde und die nun, als informelle Chefin der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung, Präsident Barack Obama das Leben schwer macht. Am Samstag demonstrierte mit zehntausenden Anhängern ausgerechnet an dem Ort, an dem der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King seine berühmte "I have a dream"-Rede gehalten hatte. Und Palin machte daraus eine Art spiritistischer Sitzung: "Wir spüren den Geist Martin Luther Kings", raunte sie in ihrer Rede.

Noch fettere Schlagzeilen als ihre verkorksten Auftritte liefert indes ihre Familie. Palins 19-jährige Tochter Bristol hat sich vor wenigen Wochen entlobt - und das schon zum zweiten Mal (aber immerhin von ein und demselben Mann). Der Grund: Ihr Verlobter Levi Johnston habe ihr gestanden, dass er möglicherweise ein anderes Mädchen geschwängert habe. Sie gestand dies wiederum - stilecht unter Tränen - der amerikanischen Zeitschrift "People". Levi dementierte und flog angesichts der nun öffentlich vollzogenen Trennung nach Los Angeles, um in einem Musikvideo mitzuspielen, das sich über die Palin-Familie lustig macht.

Es ist, als wollten da jemand GZSZ live aufführen.

Was bisher geschah

Die erste Folge lief Sommer 2008. Schon bald nach Sarah Palins Nominierung schlugen die Republikaner die Hände über dem Kopf zusammen als sie feststellten: Du liebe Güte, die Frau versteht ja gar nichts von Politik! Doch da war es schon zu spät und das Kind in den Brunnen gefallen. Wobei Kind ein gutes Stichwort ist: Kaum war Palin ins Licht der Öffentlichkeit getreten, wo sie erstmal erklären durfte, wogegen sie ist - Abtreibung, den Verfall christlicher Werte und Sex vor der Ehe - war auch schon, ups, ihr damals 17-jähriges Töchterlein Bristol von ihrem Schulfreund Levi Johnston schwanger. Ach, alles halb so wild, erklärten PR-Strategen der Palin-Familie, das junge Paar wolle natürlich so schnell wie möglich heiraten. Doch mit der Niederlage der Republikaner im Präsidentschaftswahlkampf, kam auch das erste Aus für Bristol und Levi.

Im Sommer 2009 trat Sarah Palin dann überraschend vom Amt der Gouverneurin in Alaska zurück. Die inzwischen 46-jährige Palin wollte ihre Memoiren veröffentlichen und auf Buchtour gehen. Doch still wurde es um ihre schrecklich nette Familie nicht. Denn - tata! - der verlorene Schwiegersohn Levi tingelte bald nach der Trennung von Bristol durch allerlei Talkshows, lästerte über die Familie und zog sich für den "Playgirl" aus (die Fotos waren nach Johnstons Angaben "erotisch, aber geschmackvoll").

Doch Kindergeschichten sollen ja ein Happy End haben und deshalb verkündeten Levi und Bristol im Juli - fröhlich lachend vom Cover des "Us Weekly"-Magazins - dass sie sich jetzt, huch!, wieder verlobt hätten. Die kaum 20-Jährigen wollten ihre Liebe wieder entdeckt haben, als sie sich trafen, um über das Sorgerecht für ihren 18 Monate alten Sohn Tripp zu sprechen. Dem Magazin erzählte Johnston auch, dass er die Hochzeitspläne schon bei einem Familientreffen angedeutet habe. Bei demselben Treffen, wo er sich auch bei Sarah Palin dafür entschuldigt habe, dass er sie als geldgeiles, unsensibles, sich in einer zerrütteten Ehe befindendes, und-so-weiter Machtweib bezeichnet habe. Überraschung, Überraschung, Sarah Palin reagierte trotz der elaborierten Entschuldigung nur verhalten auf die Hochzeitspläne ihrer Tochter.

Sarah Palin und die Grizzly Mamas

Wieso Mama Palin nicht vor der Veröffentlichung der Verlobung interveniert hat, ist unklar. Vielleicht war sie zu beschäftigt, ihr neues Werbevideo über die "Mama Grizzlies" zu produzieren. "Mama Grizzlies", eine von Palin konstruierte Welle konservativer, amerikanischer Mütter, die sich aufbäumt, um gegen das System (oder so) zu protestieren. Palin bleibt in ihrer Drohung recht vage, aber in dem Video ist auf jeden Fall von der "fundamentalen Transformation Amerikas" die Rede. Und warum konkret werden, denn wie Palin selbst in dem Video sagt: "Mütter wissen einfach irgendwie, wenn etwas nicht stimmt."

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Tatsächlich vergeht kaum eine Woche ohne einen Patzer aus dem Hause Palin. Sarah Palins jüngster Coup: Am 20. Juli mischte sie sich über Twitter in die Debatte um den geplanten Bau eines muslimischen Zentrums ein - die Einrichtung soll in der Nähe des Ground Zero in New York gebaut werden. Ihre Meinung dazu auf Twitter: "Friedliebende Muslime, bitte versteht, die Ground-Zero-Moschee ist eine unnötige Provokation. Sie sticht in die Herzen." Die Krux an dieser Mitteilung ist jedoch nicht die Tatsache, dass sich Palin nun gegen Rassismus-Vorwürfe wehren muss, sondern dass sie in ihrer englischen Twitter-Meldung ein Wort verwendet hat, das es in der englischen Sprache gar nicht gibt. "Refudiate" lautete es und sollte wohl eine Mischung aus "repudiate" (verwerfen) und "refuse" (ablehnen) sein. Auf ihre Wortneuschöpfung hingewiesen, verglich Palin sich einfach mit Shakespeare, der ja auch mit großer Leidenschaft Worte neu zusammen gesetzt habe. Ein bisschen Größenwahn muss sein.

Fortsetzung im Weißen Haus?

Das alles wäre leichter zu ertragen, hätten die Aussetzer der Palin-Familie nicht auch einen bitteren Beigeschmack. Palin hat sich zum Sprachrohr der erzkonservativen Tea Party-Bewegung gemacht - und damit wieder großen Einfluss gewonnen. Die Bewegung hat sich aus Protest gegen die "sozialistische" Obama-Regierung zusammengefunden und verkündet nun die konservative Revolution. Damit nicht genug: In den letzten drei Monaten hat Palin außerdem Spenden von knapp einer Million Dollar eingesammelt - alles deutet darauf hin, dass sie 2012 für die Republikaner Präsidentschaftskandidatin werden will. Ausgeschlossen hat sie es zumindest bislang nicht.

Wie die Palin-Posse weiter geht? Nun, Fortsetzung folgt. Aber hoffentlich nicht im Weißen Haus.