Die Aufregung um neue Gesetze gegen illegale Graffiti war groß. Die Graffiti-Szene und linke Politiker besonders von den Grünen wehrten sich seit Jahren und warnten vor der Kriminalisierung der "Sprayer". Auf der anderen Seite forderten CDU und zunehmend auch die SPD mehr rechtliche Möglichkeiten, gegen die gesprühten bunten Bilder auf Hauswänden oder S-Bahnwagen. Jetzt knickten auch die Grünen ein: Graffiti sollen künftig leichter als bisher als Sachbeschädigung bestraft werden können. Am Freitag wurde der rot-grüne Gesetzentwurf in erster Lesung im Bundestag behandelt.
"Geltungsanspruch wie Gemälde"
Ob Graffiti Kunst oder krimineller Vandalismus sind, ist heftig umstritten. Einige "Sprayer" demonstrierten vor zwei Wochen anlässlich eines Anti-Graffiti-Kongresses in Berlin gegen schärfere Gesetze. Graffiti sei nicht zu vergleichen mit zerstörten Telefonzellen oder zerstochenen Autoreifen, lautete der Protest. "Unsere Kunst hat genauso einen Geltungsanspruch wie Gemälde in Museen", klagt ein anonymer Sprüher auf der Internetseite des Anti-Graffiti-Vereins "Nofitti". Ein anderer geht das Thema kunstgeschichtlich an: "Graffiti ist Kunst. Hättet ihr Picasso auch mit Hubschraubern verfolgt?" Dass es auch andere Motive gibt, räumt ein Mann namens "Torfkopp" ein: "Der Gedanke beim Malen ist, Action zu machen, gegen das Gesetz zu handeln."
Wie die künstlerische Einordnung der Bilder wird auch die Wirkung von härteren Gesetzen durchaus unterschiedlich beurteilt. Der Tatbestand der Sachbeschädigung war bislang erst erfüllt, wenn eine "Substanzveränderung" nachgewiesen wurde. Staatsanwälte waren häufiger in Beweisnot, weil manche Graffiti auch entfernt werden konnten, ohne dass die Hausfassade beschädigt wurde.
Nach dem neuen Gesetz soll nun auch bestraft werden können, "wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert". Das Strafmaß für Sachbeschädigung reicht von einer Geldstrafe bis zu zwei Jahren Gefängnis. Die CDU kritisiert, die Formulierung "nicht nur vorübergehend" sei weiterhin zu weich.
Künftig auch Plakatierer strafbar?
Der altlinke Berliner Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele, argumentiert dagegen, die vorhandenen Gesetze seien völlig ausreichend. Kein Graffiti werde durch das geänderte Strafrecht verhindert. Der Politiker befürchtet Folgen, die auch seinen Berufsstand betreffen. Nach dem Gesetzentwurf seien künftig auch Plakatierer strafbar, die ihre Plakate mit Kleister an Wände kleben. "Dies wird auch Kleber grüner Partei- und Wahlkampfplakate erfassen."
Die Graffiti-Szene reagiert im Internet mit verbalen Drohszenarien: "Die einzige Folge von härteren Strafen wäre, dass man sich nicht mehr so leicht schnappen lassen darf", schreibt "Ein Mensch". "Und dann eben nicht nur Dosen und Stifte, sondern auch Knarren und Sprengsätze mitnimmt."