Prozessbeginn Ein Mann, ein Junge, eine unheilvolle Begegnung: Warum wurde Lena im Kinderheim von Wunsiedel getötet?

Trauer um Lena (10) in Wunsiedel
Der Tod von Lena im April 2023 schockierte die oberfränkische Kleinstadt Wunsiedel: Vor dem Kinderheim, in dem die Zehnjährige tot aufgefunden wurde, sammelten sich Blumen und Grablichter. 
© Daniel Vogl/dpa
Im vergangenen Frühjahr wurde die zehnjährige Lena tot aufgefunden – in einem Kinderheim. Nun kommt der Fall aus Wunsiedel vor Gericht. Der stern hat vorab Ermittlungsunterlagen eingesehen.

Der Ort mit den vielen Kindern, an dem für Lena alles besser werden sollte, liegt in einer Sackgasse. Nebenan ragt eine alte Kirche empor, in der Ferne erheben sich die Hänge des Fichtelgebirges. Rund 90 junge Menschen leben im Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef, gelegen im Süden von Wunsiedel, einer oberfränkischen Kleinstadt mit bunten Fassaden am gepflasterten Marktplatz. Die Wohngruppen heißen "Löwenzahn" oder "Sonnenschein", etwa 80 Fachkräfte arbeiten hier, im Sommer gibt es ein Maifest. 

Lena zog Ende des Jahres 2022 in das Heim. Ein zehnjähriges Mädchen, das Tierärztin werden wollte. Ihre Eltern, eine Arzthelferin und ein städtischer Angestellter, hatten sich einige Jahre zuvor getrennt, seither um das Sorgerecht gestritten und wohl auch um alles andere. Nach Ansicht des Jugendamts litt sie unter dem ewigen Streit. Irgendwann wollte sie nicht mehr in die Schule gehen, wurde aggressiv und unzugänglich. Die Eltern schienen überfordert. 

Im November 2022 übertrug ein Familiengericht Teile des Sorgerechts vorläufig ans Jugendamt, und Lena kam nach St. Josef. Im entsprechenden Beschluss stand, "das Wohl des Kindes" sei gefährdet.

Etwa vier Monate später war Lena tot.