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Rücktritt nach Morddrohungen Der schwarze Pfarrer, die CSU und die rechte Hetze

Zornedings schwarzer Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende verlässt wegen rassistischer Äußerungen und Morddrohungen seine Gemeinde. Ausgangspunkt der Hetze war ausgerechnet die örtliche CSU.

Am Tag nach dem großen Rücktrittsknall ist Olivier Ndjimbi-Tshiende abgetaucht. Der Pfarrer wolle seine Ruhe haben, sagt seine Sekretärin in Zorneding. Der 66-Jährige fühle sich "nunmehr erleichtert", seinen Weggang mitgeteilt zu haben, ergänzt das Erzbistum München lediglich knapp. Zornedings schwarzer Pfarrer ist wegen rassistischer Äußerungen abgetreten und wegen fünf Morddrohungen gegen sich. Ausgangspunkt der Hetze war ausgerechnet die CSU.

Der aus dem Kongo stammende Ndjimbi-Tshiende stand seit 2012 an der Spitze der katholischen Gemeinde des bei München gelegenen Zorneding. Die 9000 Einwohner zählende Ortschaft passt in das Klischeebild von Bayern, wie es die CSU so gerne bedient. Die Pfarrkirche St. Martin ist ein barocker Prachtbau, dem gegenüber ein Gasthof mit Biergarten steht.

"Ab mit Dir nach Auschwitz"

Vom Kirchgang zum Stammtisch und dort das Dorfleben und die große Politik bereden - so sieht der ideale Sonntag nach traditioneller CSU-Vorstellung aus, bis heute holen die Christsozialen in ländlichen Gemeinden ihre meisten Wählerstimmen.

Doch an diesem Sonntag wird die Stimmung am Stammtisch der Zornedinger wohl eher gedrückt gewesen sein. Den der Pfarrer hatte im Gottesdienst mitgeteilt, dass er den Dienst quittieren und Zorneding zum 1. April verlassen werde. Laut der "Süddeutschen Zeitung" waren Postkarten mit der Aufschrift "Ab mit Dir nach Auschwitz" oder die offene Morddrohung, "Nach der Vorabendmesse bist du fällig", der Auslöser.

Die Polizei nahm inzwischen die Ermittlungen auf. Neben den Vorwürfen der Volksverhetzung und Beleidigung wird gerade geklärt, welche Straftatbestände noch im Raum stehen.

Der Rücktritt des Zornedinger Pfarrers hat am Montag auch in der CSU-Parteizentrale einige aufgeschreckt. Bei den Christsozialen hatten sie geglaubt, der Skandal sei nach den Geschehnissen vom vergangenen Herbst ausgestanden. Diese hatten der Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden des CSU-Ortsverbandes den Posten gekostet. Die Chefin des mächtigen CSU-Bezirks Oberbayern, Ilse Aigner, hatte sich damals selbst eingeschaltet.

Doch ausgestanden ist der Skandal für die Christsozialen keineswegs, wie auch die Erklärung des Erzbistums zeigt. Das Erzbistum von Kardinal Reinhard Marx schreibt sehr offen, dass mit den Ereignissen vom vergangenen Herbst alles begonnen habe - seither sei der Priester "rassistischen Beschimpfungen ausgesetzt und hatte Morddrohungen erhalten".

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Orts-CSU goss Öl ins Feuer

Den Anfang machte im Oktober, dass die CSU-Ortsvorsitzende Sylvia Boher die Kritik von CSU-Chef Horst Seehofer an der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im örtlichen Parteiblatt drastisch verschärfte. "Bayern wird in diesen Tagen überrannt", schrieb sie und sprach von einer "Invasion". Dazu polemisierte sie gegen Merkel als "FDJ-Funktionärin".

Ndjimbi-Tshiende äußerte damals Kritik an der CSU-Frau. Auch der Pfarrgemeinderat protestierte in einem offenen Brief gegen die "braune Gedankenwelt" der Orts-CSU und forderte die Christsozialen auf, aus dem Logo des Parteiblatts die dort zur CSU-Werbung benutzten Kirchtürme zu entfernen.

Der Widerstand aus den Reihen der Kirche scheint in der Zornedinger CSU für so heftige Verärgerung geführt haben, dass die letzten Hemmungen fielen. Jedenfalls sagte der stellvertretende Ortsvorsitzende laut "Münchner Merkur" damals, Pfarrer Ndjimbi-Tshiende müsse aufpassen, dass ihm der Altpfarrer "nicht mit dem nackerten Arsch ins Gesicht springt, unserem Neger."

Nach dieser offen rassistischen Bemerkung musste der Mann den Hut nehmen, seine Chefin Boher ebenso. Doch mit den Rücktritten der beiden CSU-Kommunalpolitiker war die Angelegenheit nicht erledigt, im Gegenteil. Womöglich bestärkt durch die Äußerungen der ehemaligen CSU-Ortsvereinsspitze häuften sich nun die Morddrohungen gegen den Pfarrer - bis dieser jetzt die Konsequenzen zog.

Ralf Isermann, AFP

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