"Ich denke, es geht mir sehr gut." Auch am Tag nach Bekanntwerden seiner Coronavirus-Infektion bemüht sich US-Präsident Donald Trump um möglichst positive Nachrichten. Zu seinem Aufenthalt in dem Militärkrankenhaus Walter Reed nördlich von Washington erklärte das Weiße Haus zunächst, es handle sich lediglich um eine Vorsichtsmaßnahme. Leibarzt Sean Conley berichtete auf einer Pressekonferenz, der Präsident werde mit dem antiviralen Mittel Remdesivir behandelt und benötige aktuell keine Sauerstoffzufuhr. "Heute Morgen geht es dem Präsidenten sehr gut", sagte Conley am Samstag vor Journalisten. "Es läuft gut, denke ich! Ich danke euch allen. Liebe!!!!", twitterte auch Trump aus der Klinik.
Zumindest von offizieller Seite scheint der Gesundheitszustand des Präsidenten aktuell in Ordnung zu sein. Allerdings versucht Trumps Team wohl auch bewusst, Optimismus zu verbreiten. So zierte sich Conley bei der Frage, ob Trump zwischenzeitlich mit Sauerstoff versorgt werden musste. Auch ein Datum für eine Entlassung aus dem Krankenhaus wollte er nicht nennen. US-Medien hatten zuvor über Fieber und Atemnot beim US-Präsidenten berichtet, anonyme Quellen berichten der New York Times, dass Trump sogar mit Sauerstoff versorgt werden musste. Im Weißen Haus scheint zudem die Sorge umzugehen, dass sich der Gesundheitszustand des 74-Jährigen rasch verschlechtern könnte, wie der Sender "CNN" berichtet.
Ganz unberechtigt ist diese Angst nicht. Krankheitsverläufe mit dem Coronavirus sind grundsätzlich schwer vorherzusagen. Während die Infektion bei vielen Patienten mit nur leichten Beschwerden verläuft, entwickeln andere schwere Symptome bis hin zum Lungenversagen. Besonders tückisch ist, dass sich der Gesundheitszustand bei einigen Patienten nach anfänglichen milden Symptomen plötzlich dramatisch verschlechtern kann. Auch beim britischen Premierminister Boris Johnson war dies der Fall. Johnson hatte zunächst noch vom Krankenbett aus gearbeitet, musste kurz darauf aber intensivmedizinisch behandelt werden. Mittlerweile ist der 56-Jährige wieder vollständig von seiner Corona-Erkrankung genesen.
Zwei Haupt-Risikofaktoren
Bei Trump kommt hinzu, dass er aufgrund seines Alters und seines Übergewichts statistisch zu einer besonders gefährdeten Patientengruppe zählt. Ob und wie sich das auf seinen individuellen Krankheitsverlauf auswirken könnte, ist jedoch vollkommen offen.
Grundsätzlich steigt das Risiko für schwere Verläufe ab einem Alter von 50 Jahren stetig. 86 Prozent der in Deutschland an Covid-19 Verstorbenen waren 70 Jahre alt oder älter. Laut einer aktuellen, aber noch nicht unabhängig überprüften Analyse liegt das Sterberisiko für einen 75-jährigen Covid-19-Patienten bei etwas mehr als vier Prozent. Das Risiko ist damit zehn Mal höher als für einen 55-jährigen Patienten (0,4 Prozent).
Auch Übergewicht und das männliche Geschlecht erhöhen das Risiko. Das Robert Koch-Institut (RKI) führt beides als eigenständige Risikofaktoren auf. Laut Trumps aktuellstem Gesundheitsbericht, der im Juni dieses Jahres veröffentlicht wurde, wiegt der US-Präsident 110 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,90 Metern. Das entspricht einem BMI von 30,5. Der Wert fällt bereits in die Kategorie Fettleibigkeit, auch wenn diese nicht allzu stark ausgeprägt ist.
Risikofaktoren können ausgeglichen werden
Michael Head, Epidemiologe und Biomediziner an der University of Southampton, bezeichnete Donald Trump aufgrund seines Risikoprofils als gefährdet. "Er ist 74 Jahre alt und Berichten zufolge übergewichtig", so Head. Er wies auch darauf hin, dass Menschen in ihren Siebzigern oft Begleiterkrankungen mit sich bringen, die das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf zusätzlich erhöhen können. Dazu zählen etwa Diabetes oder Bluthochdruck. Ob Donald Trump unter bestimmten Vorerkrankungen leidet, ist jedoch nicht bekannt. Sein Leibarzt Sean Conley bescheinigte dem US-Präsidenten zuletzt eine gute Gesundheit.
Der Mediziner Naveed Sattar warnte allerdings davor, allein aufgrund des Vorliegens einzelner Risikofaktoren eine Prognose des Krankheitsverlaufs ableiten zu wollen. So könnte dem US-Präsidenten auch seine Leidenschaft für Golf und die damit verbundene körperliche Fitness in die Hände spielen und andere Risikofaktoren wieder ausgleichen. "Das Risiko für schwere Verläufe und Todesfälle hängt von vielen Faktoren ab, von denen einige nicht messbar sind", so der Mediziner.
Für Trumps weiteren Krankheitsverlauf dürften nun vor allem die kommenden Tage von besonderer Bedeutung sein. Die meisten Studien legen nahe, dass sich der Krankheitsverlauf von symptomatisch erkrankten Covid-19-Patienten nach rund einer Woche entweder bessert – oder weiter verschlechtert.
Quellen: Robert Koch-Institut / Science Media Centre