
Renate Mulofwa (Name von der Redaktion geändert), 53
Am Anfang ihrer Odyssee durch die Alternativmedizin stand ein Gynäkologe, der keine Zeit hatte. Er rief sie auf dem Handy an, um ihr kurz das Ergebnis einer Gewebeprobe aus ihrer Brust mitzuteilen. Sie habe Krebs. Er habe sie für die kommende Woche zur OP im Krankenhaus angemeldet. Punkt. Was er nicht sagte: Der Krebs war im Frühstadium, die Heilungschancen standen gut.
Mulofwa blieb allein mit ihren Ängsten: Verstümmelung durch die OP, Haarausfall und Erbrechen durch die Chemotherapie. Das wollte sie nicht. Ihren Kindern und Freundinnen sagte sie: "Ich werde einen anderen Weg gehen. Ich weiß, dass er für mich richtig ist. Fragt mich nie danach, gebt mir keine klugen Ratschläge."
In vier Jahren war sie bei mehr als 20 Heilpraktikern, Heilern und Ärzten, die sich auf Alternativmedizin spezialisiert hatten. Sie probierte alles aus, was der Markt an Wundermitteln zu bieten hatte. Nur einmal, nach zweieinhalb Jahren, wurde sie schwach, weil sie sah, wie der Krebs in ihrem Körper wucherte. Sie ließ eine OP zu, doch danach ging sie ihren alternativen Weg weiter. Bald hatte der Krebs im ganzen Körper gestreut. Als sie das zweite Mal zurück in den Schoß der Schulmedizin floh, traf sie auf den Onkologen Miklos Pless, der sie nahm, wie sie war. Er sagte ihr nicht: "Wie konnten Sie es nur so weit kommen lassen!". Stattdessen: "Ihr Allgemeinzustand ist immer noch recht gut. Wenn Sie sich selber eine Chance geben, könnte es Ihnen bald viel besser gehen." Für Heilung war es zu spät, doch mit Hilfe von Pless blieben ihr noch mehr als zwei Jahre, in denen es ihr zeitweise sehr gut ging.
Quellen: Renate Mulofwa ist die Freundin einer engen Freundin des Autors dieses Artikels Bernhard Albrecht. Im Jahr 2012 besuchte er sie mehrfach in ihrem Wohnort in der Schweiz, sichtete alle vorhandenen medizinischen Unterlagen, kontaktierte, soweit rekonstruierbar und erreichbar, ihre behandelnden Ärzte, Heilpraktiker und Heiler. Die ausführliche Geschichte schrieb er vor fünf Jahren für den Spiegel auf.
© Cira Moro