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Gefälschte Arzneimittel Das sollten Sie beim Kauf von Medikamenten beachten!

In der EU tauchen immer mehr gefälschte Arzneimittel auf und werden zur Gefahr für die Verbraucher. Das sollten Sie wissen, bevor Sie online bestellen.
Von Lea Wolz

Die Zahl der gefälschten Arzneimittel, die in der EU auftauchen, steigt. Innerhalb von zwei Monaten haben Zollbehörden mehr als 34 Millionen gefälschte Tabletten sichergestellt. In einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" spricht Industriekommissar Günther Verheugen von einem "versuchten Massenmord". Auch die ehemalige Präsidentin der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) Ulrike Holzgrabe ist erschüttert. "Diese Zahlen übertreffen meine schlimmsten Erwartungen", sagt sie. stern.de zeigt, was Sie beim Medikamentenkauf beachten sollten.

Woran erkenne ich gefälschte Medikamente?

"Die perfekte Fälschung erkennen Sie als Verbraucher nicht", sagt Richard Jähnke vom Global Pharma Health Fund (GPHF), einer Initiative des Pharmaunternehmens Merck, die sich vor allem gegen Arzneimittelfälschungen in Entwicklungsländern einsetzt. "Selbst für Fachmänner wird es schwer, wenn die Medikamente nicht in Hinterhöfen gemacht wurden." Sieht die Packung anders aus als bisher oder wirkt das Medikament anders als sonst, sollten Sie allerdings skeptisch werden. Das deutet möglicherweise auf eine Fälschung hin. "Sehr kritisch sollte man sein, wenn Tabletten ungewöhnlich verpackt sind, etwa lose in einem Plastikbeutel, oder wenn der Beipackzettel fehlt", warnt Friedemann Schmidt, Vizepräsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA).

Welche Medikamente sind am häufigsten betroffen?

"Es wird alles gefälscht, was Geld bringt", sagt Axel Thiele vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Betroffen sind zum einen sogenannte Lifestyle-Medikamente. Dazu zählen Schlankheitspillen ebenso wie Haarwuchsmittel, Medikamente zum Muskelaufbau und Potenzmittel wie Viagra. 2006 wurden laut dem Pharmaunternehmen Pfizer allein sieben Millionen gefälschte Viagra-Tabletten sichergestellt, 2007 hat sich die Zahl einem Unternehmenssprecher zufolge verdoppelt. Auch vor lebenswichtigen Arzneimitteln machen die Fälscher nicht mehr Halt. Zunehmend sind gefälschte Antibiotika, Krebsmedikamente, cholesterinsenkende Arzneien sowie Schmerzmittel im Umlauf. "Überall dort, wo ein hoher Leidensdruck vorhanden ist, werden Patienten leicht Opfer von Fälschern", sagt Richard Jähnke. In den Entwicklungsländern sind vor allem Malariamedikamente ein Problem. "Da es dort keine eingespielte Vertriebskette gibt und die staatlichen Überwachsungssysteme schwach sind, ist der Markt für gefälschte Arzneimittel besonders groß."

Wo kommen die gefälschten Medikamente her?

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist jedes zehnte im Internet verschickte Medikament eine Fälschung. Etwa ein Fünftel davon enthält Wirkstoffe, die schaden oder im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen können. Die meisten gefälschten Medikamente werden aus dem Internet bezogen. "Bestellen Sie dort, kann es sein, dass Sie ein Originalmedikament bekommen, vielleicht sind aber auch nur Zucker und Stärke in den Tabletten enthalten", sagt Axel Thiele vom BfArM. "Medikamente zu fälschen, ist ein riesiger Markt", meint Ulrike Holzgrabe. "Jeder, der mit Heroin dealt, ist eigentlich blöd." Die Gefahr, erwischt zu werden, sei gering, die Möglichkeit, Geld zu verdienen, dagegen sehr groß. Die meisten Fälschungen kommen aus Asien. "Sie werden über mehrere Freihäfen geschickt, bis sie dann in Europa landen", sagt Richard Jähnke.

Warum sind gefälschte Medikamente gefährlich?

"Fälscher nehmen den Tod von Menschen billigend in Kauf, um ihren Profit zu optimieren", kritisiert Heinz-Günter Wolf, Präsident der ABDA. "Bei den Fälschungen sind die Wirkstoffe häufig zu hoch oder zu niedrig dosiert oder durch andere Wirkstoffe ersetzt", sagt Ulrike Holzgrabe von der DPhG. Bei Antibiotika können sich so zum Beispiel Resistenzen entwickeln, wenn diese zu wenig Wirkstoff enthalten. Mitunter lassen die Fälscher die Wirkstoffe gänzlich weg. "Das ist das größte Problem und Betrug am Patienten, der sich Heilung verspricht", kritisiert die Pharmazeutin. Eine weitere Gefahr: Sind die Medikamente anders dosiert oder enthalten einen anderen Wirkstoff, können auch andere Wechselwirkungen auftreten.

Wo kann ich Medikamente sicher einkaufen?

Die Apotheke vor Ort oder die deutschen Versandapotheken sind in diesem Fall immer noch die beste Anlaufstelle. "Hier wird der Vertriebsweg kontrolliert", sagt Ulrike Holzgrabe. Sind die Arzneimittel verschreibungspflichtig, muss bei den Versandapotheken ein Rezept per Post eingeschickt werden. Eine Internetapotheke, die verschreibungspflichtige Medikamente ohne Rezept ausgibt, ist auf jeden Fall unseriös. Allerdings gilt auch bei Internetseiten: "Eine gut gemachte Fälschung ist nicht leicht zu erkennen", sagt Friedemann Schmidt vom ABDA. Daher hat das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information ein Register aller behördlich zugelassenen Versandapotheken zusammengestellt. Registrierte Apotheken dürfen auf ihrer Seite das Sicherheitslogo des Gesundheitsministeriums führen. Wer sich unsicher ist, kann auch bei der Apothekerkammer nachfragen, ob sich hinter einer Internetadresse eine richtige Apotheke verbirgt und ob diese seriös ist. Bei Versandapotheken außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) einzukaufen, ist generell verboten. Zum EWR gehören neben den EU-Ländern auch Island, Norwegen und Liechtenstein. Soll ein in Deutschland nicht zugelassenes Arzneimittel aus anderen Ländern trotzdem bestellt werden, muss der Patient eine Apotheke beauftragen, die auch die Abwicklung beim Zoll übernimmt.

Auf was muss ich bei der Onlinebestellung achten?

Seriöse Internetapotheken erkennt man am Impressum auf der Startseite. Darin sollten der Name des Apothekers, Name und Anschrift der Apotheke, der zuständigen Aufsichtsbehörde und der Apothekerkammer aufgelistet sein. "Dann gibt es auch Ansprechpartner, wenn etwas mit der Bestellung nicht klappen sollte", sagt Richard Jähnke vom GPHF. Auch die Preise sind ein Indiz: "Sind die Tabletten zu günstig, ist es ebenfalls ratsam, skeptisch zu sein", sagt Ulrike Holzgrabe. "Im Zweifelsfall bekommen sie dann zwar billige Arzneimittel, aber diese wirken nicht oder schaden sogar."

Was kann gegen Arzneimittelfälschungen getan werden?

Um den Weg einer Arznei von der Herstellung bis zum Verkauf zurückzuverfolgen, fordert Industriekommissar Günther Verheugen ein Sicherheitszeichen auf den Medikamentenpackungen. "Dieser Barcode hört sich zwar schön an, aber er dürfte problematisch umzusetzen sein und nur einen kleinen Teil des Problems lösen", kritisiert Ulrike Holzgrabe von der DPhG. "Sie können nicht jede einzelne Tablette überprüfen." Für die Pharmazeutin ist das Problem weitaus größer - und beschränkt sich keinesfalls auf Internetapotheken. "Mindestens 80 Prozent der Wirkstoffe für Arzneimittel werden mittlerweile in China und Indien hergestellt und von den großen Pharmafirmen von dort günstiger eingekauft. "Hier zählt allein der Gewinn", kritisiert sie. Die Qualität der Ausgangsstoffe für Tabletten sei dabei immer weniger sichergestellt. "Und es wird immer schwieriger, je weiter wir globalisieren." Sie fordert daher zusätzliche Kontrollen der Wirkstoffe durch die Pharmaindustrie.

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