Nach den zahlreichen Masern-Fällen in den vergangenen Jahren wird in der Politik der Ruf nach einer Impflicht immer lauter. "Grundsätzlich sollten nur Kinder, die geimpft sind, Kitas, Kindergärten oder Schulen besuchen dürfen", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Denn sonst gefährdeten sie andere Kinder, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.
"Aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht ist eine Impfpflicht das einzig Sinnvolle", sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Spiegel". "Bei Masern handelt es sich um eine hochansteckende Erkrankung mit hohem Gefahrenpotential für die nichtgeimpfte Bevölkerung. Daher wäre es gut, wenn alle Kinder geimpft wären." Allerdings sei eine Impfpflicht in Deutschland gesellschaftspolitisch schwer durchzusetzen.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte eine Impfpflicht ins Gespräch gebracht, nachdem im ersten Halbjahr 2013 mehr als 900 Masernfälle in Deutschland gemeldet worden waren. Im neuen "Spiegel" sprach er nun auch von anderen Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Krankheit. So prüften seine Beamten, ob nichtgeimpfte Schüler bei einem Ausbruch der Erkrankung in ihrer Schule befristet vom Unterricht ausgeschlossen werden können. Bisher gibt es diese Möglichkeit demnach nur für erkrankte Kinder.
Kritik an möglicher Impfpflicht
Außerdem erwägt Bahr, die Gesundheitsämter zu verpflichten, künftig schon bei der Aufnahme eines Kindes in den Kindergarten den Impfstatus abzufragen. Derzeit geschieht dies zu Schulbeginn. Allerdings könnten beide Maßnahmen erst nach der Wahl vom Bundestag verabschiedet werden.
Der Obmann der FDP im Gesundheitsausschuss, Jens Ackermann, sagte der "FAS", eine Impfpflicht sei nicht durchsetzbar. "Sollen Eltern, die sich gegen die Impfung ihrer Kinder weigern, ins Gefängnis?" Das sei "Unsinn", sagte Ackermann der "FAS". Auch der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Jan Leidel, wertete eine Impfpflicht bei Masern als kontraproduktiv. Wichtiger seien Aufklärung und Nutzung der vorhandenen Möglichkeiten, sagte er dem Blatt.
Einer aktuellen Umfrage zufolge gibt es jedoch viel Unterstützung für eine Impfpflicht: 80 Prozent der Befragten sprachen sich für eine solche Regelung aus, teilte die Krankenkasse DAK-Gesundheit mit, die die repräsentative Forsa-Umfrage in Auftrag gegeben hatte. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat das feste Ziel, die Masern bald auszurotten. Dabei steht Deutschland noch nicht optimal da. Allein im ersten Halbjahr 2013 wurden dem Berliner Robert-Koch-Institut mehr als 1070 Fälle gemeldet, der Großteil davon in Bayern (478) und Berlin (400).