Dass die Corona-Zahlen jetzt wieder steigen, ist keine Überraschung. Das wissen wir schon aus dem letzten Winter. Im November 2020 gab es allerdings zwei wichtige "Werkzeuge" im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus und die Pandemie noch nicht: Impfungen und Schnelltests für alle, auch "Bürgertests" genannt.
Nun – ein Jahr später – stehen wir wieder vor fast derselben Situation wie damals. Mit dem Unterschied, dass wir diese "Werkzeuge" jetzt haben. In Deutschland sind mindestens 66,7 Prozent der Menschen vollständig geimpft – 69,4 Prozent sind es mindestens ein Mal. Mindestens muss dabei betont werden, denn das Robert-Koch-Institut geht davon aus, dass die tatsächliche Impfquote bis zu fünf Prozentpunkte höher liegt. Und die Booster-Impfungen sind im Gange.
Schnelltests geben genaues Corona-Bild
Auch die Schnelltests stehen uns zur Verfügung. Beinahe an jeder Ecke wurde ein Testcenter errichtet, wo sich jedermann und jederfrau ein Stäbchen in die Nase schieben lassen konnte und nach 15 Minuten wusste, ob man nun negativ oder positiv war. Häufig musste man diese Prozedur über sich ergehen lassen, wenn man ins Restaurant, zum Friseur oder zu der Mutter ins Pflegeheim wollte.
Seit dem 11. Oktober allerdings sind die Bürgertests nicht mehr kostenlos. Begründung: Jede:r habe ein Impfangebot bekommen. Eine dauerhafte Kostenübernahme durch den Bund – und damit durch uns Steuerzahler:innen – sei nicht mehr erforderlich. Wer keine Symptome hat, muss jetzt die Kosten selbst tragen – bis auf wenige Ausnahmen.
Dies muss in Anbetracht der aktuellen Corona-Lage schleunigst geändert werden! Schon die Entscheidung zum Ende der kostenfreien Schnelltests war wenig intelligent. Denn die Schnelltests haben die Vorteile, dass sie einerseits unerkannte Infektionen aufdecken und somit auch weitere Ansteckungen verhindern können, wenn die betroffene Person in Quarantäne geschickt wird. Zum anderen wird mit kostenlosen Schnelltests ein besseres Bild des Infektionsgeschehens gezeichnet, Dunkelziffern werden aufgehellt. Mit einem genaueren Bild der Lage ist man besser gewappnet und kann genauer reagieren.
Corona-Gedenkstätten: Wie sich Menschen auf der ganzen Welt an die Opfer der Pandemie erinnern

Testpflicht auch für Geimpfte erwägen
Wenn so ein Schnelltest aber etwas kostet, hemmt das viele, sich überhaupt testen zu lassen. Statt sich für einen Restaurantbesuch testen zu lassen, verlegt man die Verabredung eben in die eigene Wohnung – ohne Test, denn den braucht man ja nicht. Das Virus kann sich ausbreiten und weitergegeben werden. Auch ist die Hemmschwelle, sich vor und nach privaten Besuchen zu testen, durch kostenlose Tests geringer. Und zu glauben, ein paar Euro für einen Test bewegen die Ungeimpften zur Impfung, ist blauäugig. Fast zwei Drittel der Ungeimpften will sich ohnehin keinesfalls impfen lassen, so eine Forsa-Umfrage.
Außerdem sollte man überlegen, von vollständig Geimpften wieder einen Schnelltest zu verlangen – zumindest bei einigen Anlässen und Orten. Zum Beispiel bei größeren Veranstaltungen, Besuchen in Krankenhäusern und Pflegeheimen oder bei der Einreise am Flughafen. Denn Geimpfte haben – auch das wissen wir – zwar ein deutlich niedrigeres Risiko schwer an Covid-19 zu erkranken und ins Krankenhaus zu kommen, was das Gesundheitssystem entlastet. Aber sie können sich immer noch infizieren und theoretisch das Virus auch weitergeben – wenn auch das RKI davon ausgeht, dass dieses Risiko deutlich vermindert ist. Insgesamt 117.763 wahrscheinliche Impfdurchbrüche hat das RKI seit dem 1. Februar registriert (Stand 28. Oktober). Knapp 54.000 davon (rund 46 Prozent) wurden in den Kalenderwochen 39 bis 42 erfasst.
Auch gerade deshalb sollten Schnelltests für alle wieder kostenlos sein. Nur so lassen sich Infektionen erkennen, Infektionsketten brechen und die Winterwelle dämpfen.