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Sex oder nie Jäger-Hirn und Sammler-Hirn

Nun wissen wir es verbindlich: An der Jäger-Sammler-Theorie ist was dran. In einer Internet-Studie wurden über 250.000 Befragte aus 226 Ländern auf Geschlechtsunterschiede in der räumlichen Orientierung untersucht. Und siehe da - manchmal stimmen Klischees.
Von Ulrich Clement

Die These, dass Männer Jäger-Hirne und Frau Sammler-Hirne haben, wird so oft zitiert, dass sie mittlerweile mehr für einen Gag gehalten wird. Sie ist aber eine seriöse Theorie. Ihr zufolge hat sich bei unseren Vorfahren eine Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen durchgesetzt. Diese Spezialisierung führte dazu, dass sich in den männlichen und weiblichen Gehirnen verschiedene Kompetenzen ausgebildet haben.

Der Experte

Prof. Dr. Ulrich Clement ist Paar- und Sexualtherapeut; Professor für medizinische Psychologie an der Universität Heidelberg; Lehr- und Forschungstätigkeit an den Universitäten Hamburg, Freiburg im Breisgau und Heidelberg.

Clement war Präsident der International Academy of Sex Research und Research Associate an der Columbia University; zusammen mit Ulrike Brandenburg leitet er das Institut für Sexualtherapie Aachen/Heidelberg. Er ist einer der führenden deutschen und international renommierten Paar- und Sexualtherapeuten.

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Das Institut für Sexualtherapie

Männer suchen bewegliche Beute, Frauen das Nützliche

Die jagenden Männer konzentrieren sich auf eine bewegliche Beute, die sammelnden Frauen schauen sich um und sehen, was es alles an Nützlichem gibt. Männer achten demnach mehr auf ihr Ziel, Frauen mehr auf ihre Umgebung. Deshalb verwenden Männer eher Himmelsrichtungen und räumliche Abstände zur Orientierung. Frauen dagegen eher "landmarks", also markante unbewegliche Objekte, und relative Positionen wie links oder rechts.

In der vom BBC unterstützten Studie wurden den Befragten zwei Tests zur räumlichen Orientierung vorgegeben. Die Männer waren - in allen Kulturen - besser in der "Jäger"-Aufgabe, eine dreidimensionale Zielfigur in unterschiedlich gedrehten Positionen wiederzuerkennen. Die Frauen konnten sich dagegen besser daran erinnern, wo der "richtige" Platz einer bestimmten Figur war. In fast allen Kulturen waren sie in dieser für Sammler entscheidenden Kompetenz überlegen.

Kompetenzen pflanzen sich genetisch fort

Die Forscher Irwin Silverman, Jean Choi und Michael Peters nehmen ihre Daten als Beleg, dass für diese Unterschiede keine gelernten Geschlechterrollen verantwortlich gemacht werden können. Soziale Schichtunterschiede, ethnische Zugehörigkeit oder das Alter der Befragten spielten in ihren Daten nur eine nachgeordnete Rolle. Die Jäger-Sammler-Theorie, die die Forscher mit ihren Daten bestätigt sehen, geht davon aus, dass sich diese geschlechtsspezifischen Kompetenzen genetisch fortpflanzen.

Haben wir damit die Erklärung, warum Männer so ungern aufräumen und im Haushalt nichts finden? Eine vorläufige. Aber das letzte Wort zwischen den Geschlechtern ist noch lange nicht gesprochen. Ein Zwischenstand der Evolution. Sie geht weiter.

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