Untersuchung von Futterproben Dioxinbelastung 77-mal so hoch wie erlaubt

Viel früher, viel giftiger: Bereits seit März ist verseuchtes Tierfutter in den Handel gelangt - und die Dioxinbelastung ist offenbar extrem, wie aktuelle Labortests zeigen.

Futterfette der in den Dioxin-Skandal verwickelten Firma Harles und Jentzsch aus Uetersen haben den Grenzwert für das Gift extrem überschritten. In den sichergestellten Proben war bis zu knapp 78 Mal so viel Dioxin enthalten wie erlaubt, teilte das Kieler Agrarministerium am Freitag mit.

Die Werte von zehn weiteren Proben reichten demnach von 0,66 bis 58,17 Nanogramm. Der zulässige Grenzwert von 0,75 Nanogramm wurde in neun Fällen überstiegen. Bereits von den ersten 20 untersuchten Proben hatten neun zu hohe Werte aufgewiesen.

Insgesamt hatte das Ministerium 118 Proben aus Eingangs- und Ausgangsware von Harles und Jentzsch sichergestellt. Von den bislang 30 untersuchten Proben lagen nur zwölf unterhalb des Grenzwertes. Die restlichen Ergebnisse werden in den kommenden Tagen erwartet.

Verseuchtes Tierfutter länger im Handel als vermutet

Die Firma aus dem schleswig-holsteinischen Uetersen hatte rund 3000 Tonnen dioxinbelastetes Futterfett an Abnehmer in mehreren Bundesländern ausgeliefert. Erst am Freitagmorgen hat sich herausgestellt, dass der Skandal viel früher begonnen hat als bislang bekannt. Bereits im März sei in einer Probe von Harles und Jentzsch zu viel Dioxin festgestellt worden, sagte ein Sprecher des schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministeriums. Dies sei den Behörden aber nicht gemeldet worden.

Nach Angaben des Sprechers wurde die dioxinhaltige Probe vom März erst kürzlich bei einer Razzia sichergestellt. Ein privates Labor habe das Fett untersucht und einen um mehr als das Doppelte überschrittenen Dioxingrenzwert festgestellt.

Kriminelle Machenschaften

Der Staatssekretär im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium, Friedrich-Otto Ripke warf dem Betrieb kriminelle Machenschaften vor. Bei einer Unternehmenstochter, der Spedition Lübbe in Brösel (Niedersachsen), seien dioxin-verseuchte Industriefette mit Futterfetten vermischt worden. "Dahinter vermuten wir Vorsatz", sagte Ripke mit Blick auf die großen Mengen der ausgelieferten Futtermittel und langen zeitlichen Abläufe. Die Firma Lübbe habe seit 2005 lediglich als Transporteur, nicht aber als Misch- und Herstellerbetrieb firmiert.

Unterdessen können die meisten der Bauern womöglich aufatmen, die wegen der Dioxingefahr Eier und Milch nicht verkaufen sowie ihre Masttiere nicht schlachten dürfen. Das Landwirtschaftsministerium in Hannover geht davon aus, dass bei den meisten Betrieben die Handelssperre aufgehoben wird. In Niedersachsen liegen 4500 der bundesweit 4700 gesperrten Höfe.

DPA · Reuters
kng/DPA/Reuters

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