Dioxin-Skandal Test beweist gefährliche Panscherei

Der Verdacht hat sich bestätigt: Im Futterfett einer Firma aus Schleswig-Holstein war deutlich zu viel Dioxin. Immer mehr Bundesländer trifft der Skandal. Doch wer zahlt für die Schlamperei beim Tierfutter? Bauern wollen die Hersteller in die Pflicht nehmen.

Für Harles und Jentzsch aus Uetersen wird es eng: Bei Futterfetten der in den Dioxin-Skandal verwickelten Firma ist der Grenzwert für das Gift Dioxin deutlich überschritten worden, wie das schleswig-holsteinische Agrarministerium am Donnerstag mitteilte. Laboruntersuchungen hätten das bestätigt.

Die untersuchten Rückstellproben stammen aus dem vergangenen Jahr und waren von der Firma selbst entnommen worden. Das getestete Fett sei nicht für die Futtermittelherstellung geeignet, betonte das Ministerium. Weitere Ergebnisse stünden noch aus.

Nach bisherigen Erkenntnissen der Behörde sind alle kritischen Futterfett-Partien in einem Werk im niedersächsischen Bösel gemacht worden. Dort ist ein Partnerbetrieb von Harles und Jentzsch ebenso im Visier der Staatsanwaltschaft wie die Firma selbst.

Morddrohungen gegen Mitarbeiter von Futterfett-Hersteller

Unterdessen haben Mitarbeiter des betroffenen Futterfett-Herstellers Morddrohungen erhalten. Geschäftsführer Siegfried Sievert sagte dem Bielefelder "Westfalen Blatt", Unbekannte hätten ihn und weitere Mitarbeiter als "Mörder" bezeichnet und ihnen mit dem Tode gedroht.

Die Drohungen seien in den vergangenen Tagen per Telefon und E-Mail eingegangen, sagte Sievert. Die Polizei sei über die Drohungen informiert. Zugleich wies er Gerüchte zurück, dass die Firma Insolvenz anmelden würde. "Es ist nicht so. Wir arbeiten weiter", sagte er. Futtermittel würden zurzeit nicht verkauft, aber das Geschäft mit technischen Fettsäuren sichere die Existenz.

Bauernverband will Verursacher in die Pflicht nehmen

In Osthessen wurde am Donnerstag in einem Mastbetrieb Dioxin-Alarm geschlagen. 320 Ferkel hatten in Thüringen belastetes Futtermittel gefressen und waren danach nach Hessen geliefert worden. In Baden-Württemberg erklärte das zuständige Ministerium, dass möglicherweise dioxinbelastete Ware ins Land gelangt ist. Es handele sich dabei um Schlachttiere sowie pasteurisiertes Flüssigei. Sie sollen aus niedersächsischen Betrieben stammen, die dioxinbelastete Futtermittel verwendet haben

Der Deutsche Bauernverband (DBV) verlangte, die Verursacher für die Verunreinigung des Tierfutters "haben ohne Wenn und Aber für den entstandenen Schaden einzutreten". Anfang der Woche hatten die Behörden über 1200 Betriebe vorsorglich gesperrt, die meisten davon in Niedersachsen. Die betroffenen Landwirte dürfen Eier und Fleisch nun vorerst nicht mehr verkaufen.

Nach Einschätzung des Generalsekretärs des Bauernverbandes, Helmut Born, kann die Sperrung eines Hofs den Besitzer "sehr schnell 10.000 oder 20.000 Euro Umsatz" kosten. Bei großen Putenmastbetrieben könnte sich der Schaden am Ende sogar auf bis zu eine Million Euro summieren. Ein Entschädigungsfonds sollte von der Futtermittelbranche gespeist werden, verlangte Born.

Verbraucher sind verunsichert

Neben den Tierfutterherstellern stünden aber auch die Bauern, ebenso wie Supermärkte und Verbraucher in der Pflicht, betonte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf. "Die Bauern dürfen die Verantwortung nicht am Hoftor abgeben, sondern müssen prüfen und nachfragen und müssen erzwingen, dass es Auskunft gibt", sagte er im Deutschlandradio Kultur. Außerdem öffne die aggressive Preispolitik der Supermarktketten der "kriminellen Energie" Tür und Tor.

Momenten scheinen Verbraucher lieber ganz auf Eier im Einkaufskorb zu verzichten. Nach Angaben des Branchendienstes Marktinfo Eier und Geflügel (MEG) kauften die Deutschen in den ersten Januartagen weniger Eier als noch im Dezember. Zwar gehe der Eier-Absatz jedes Jahr nach Weihnachten zurück, "es deutet sich aber an, dass der Rückgang diesmal stärker ausfällt", sagte MEG-Analystin Margit Beck. Genaue Verkaufszahlen soll es in der kommenden Woche geben. Beim Fleischabsatz hingegen stellte die Branche eigenen Angaben zufolge noch keine Veränderungen fest.

Skandal schwappt nach England

Unterdessen greift der Dioxin-Skandal weiter auf das Ausland über. Produkte mit möglicherweise dioxin-belasteten Eiern aus Deutschland wurden nach Angaben der EU-Kommission nach Großbritannien exportiert. Die britischen Behörden versuchten nun, diese Produkte ausfindig zu machen und ihren Verkauf zu stoppen, sagte ein Sprecher von EU-Verbraucherkommissar John Dalli in Brüssel. Die Produkte - Mayonnaise oder Backwaren - wurden demnach mit deutschen Eiern hergestellt, die zuvor in die Niederlande verkauft worden waren. Es geht um insgesamt 136.000 Eier.

DPA · Reuters
kng/AFP/DPA/Reuters

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