LITERATUR Michael Lentz gewinnt Bachmann-Preis

Michael Lentz, der am Sonntag mit dem 25. Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde, hat seinen berührenden Text »Muttersterben« in einer betont kühlen, distanzierten Tonlage gehalten.

Von den Nachrichtensprechern im Fernsehen hat er sich den Tonfall abgeschaut: Michael Lentz, der am Sonntag mit dem 25. Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde, hat seinen berührenden Text »Muttersterben« in einer betont kühlen, distanzierten Tonlage gehalten. Als Musiker und Autor versucht Lentz, eine Balance zwischen Poesie und Experiment herzustellen. Diese einzigartige Verbindung von »Empfindung und Sprachartistik« hat die Jury mit dem renommierten Preis belohnt.

Sein Text über das langsame, qualvolle Sterben der Mutter in der Kälte der High-Tech-Medizin ist autobiografisch gefärbt. »Da ist die Fallhöhe natürlich sehr hoch«, erklärte der 1964 geborene Autor im Anschluss an die Preisverleihung. Die Jury aber sei dem »Missverständnis«, nur diese persönliche Seite zu betrachten, nicht erlegen. Schon einmal, 1998, hat der in Düren bei Aachen geborene Autor am Klagenfurter Wettlesen teilgenommen - mit einem exprimentellen Text. Damals war er ohne Preis wieder abgereist.

In der literarischen Szene hat sich der professionell wirkende Autor längst einen Namen gemacht als Interpret von Lautgedichten und Verfasser von experimenteller Prosa. Sprache und sprechen ist für Lentz nicht voneinander zu trennen. In dieser Überzeugung hat er eine Form des literarischen Vortrags entwickelt, den er »physische Poesie« nennt oder »Sprechakte«. Bei seinen Bühnenauftritten verausgabt er sich körperlich, »indem ich immer rasanter artikuliere, bis der gesprochene Text außer Kontrolle gerät«.

1964 in Düren geboren, hat Lentz Germanistik, Geschichte und Philosophie in Aachen und München studiert. In seiner Doktorarbeit von 1998 beschäftigte er sich mit Lautpoesie nach 1945. Als begeisterter Saxofonspieler hat ihn die Verbindung von Musik und Sprache schon früh interessiert. Seit 1989 spielt er im Ensemble des Komponisten Josef Anton Riedl. Bisher sind von Michael Lentz die Titel »Neue Anagramme«, »Oder«, »Lettrismus« und »Zungendresche« erschienen. Auch als Kurator der Veranstaltungsreihe »Soundbox« bleibt er seinem Thema der Verbindung von akustischer Kunst und Poesie treu.

Irmgard Schmidmaier

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