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"Avatar" behindert "Alice im Wunderland" Auffahrunfall im 3D-Kino

Auch zweieinhalb Monate nach dem Kinostart besetzt "Avatar" alle 3D-Leinwände. Pech für "Alice im Wunderland", das zweite große Trick-Spektakel des Jahres. Tim Burtons Märchen hat allerdings nicht nur Platzprobleme.
Von Sophie Albers

Es hätte eine fulminante Ablöse werden können: Nach dem 3D-Milliarden-Hit "Avatar" kommt "Alice im Wunderland" in die Kinos, Disneys Neuauflage des Kinderbuchklassikers von Lewis Carroll. Und genau wie James Cameron hat auch Hollywoods Ober-Fantast Tim Burton das Märchen in 3D inszeniert. Statt blaue Aliens und ihre Flugsaurier aus den Fox-Studios gibt es nun hysterische Kaninchen und den verrückten Hutmacher aus Disneys Traumfabrik zu sehen. Doch das Feuerwerk der Fantasie beginnt gleich mit einer Fehlzündung: Es wird nämlich eng auf den 3D-Leinwänden der Republik.

Allein am vergangenen Wochenende, zweieinhalb Monate nach Kinostart, hat James Camerons Fantasieepos "Avatar - Aufbruch nach Pandora" in Deutschland immer noch gut drei Millionen Euro eingespielt. Die Marke als weltweit umsatzstärkster Film hatte er bereits Anfang Januar geknackt. Und die Publikumsbegeisterung hält an. Deutschlandweit sind immer wieder Abend- oder Wochenendvorstellungen ausverkauft. Und auch die Imax-Kinos bleiben blau.

Deshalb ist für "Alice im Wunderland", der am Donnerstag anläuft, "kein Platz". So fasst Thilo Kuhn, Vertriebschef bei Disney, den Auffahrunfall auf der 3D-Leinwand zusammen. Wegen des anhaltenden Erfolges von "Avatar" könne "Alice im Wunderland" nicht in so vielen 3D-Kinos starten wie gewünscht. Auf die Frage, ob das seinen Konzern nicht ärgere, zeigt sich der Geschäftsmann sportlich: "Avatar" sei ein Film, den es höchstens alle 20 Jahre gebe. "Das muss man respektieren." Der Erfolg sei zudem etwas Schönes, gut für die ganze Branche, schließlich ziehe "Avatar" Leute ins Kino, die bisher zu Hause geblieben sind, so Kuhn. Und was heißt das genau für "Alice im Wunderland"? "Dieses Wochenende haben wir die Hälfte der 3D-Kinos in Deutschland. Danach wird sich das hoffentlich ändern", so Kuhn.

Eine Dimension weniger für "Alice im Wunderland"

Allerdings sieht es nicht so aus, als würde sich diese Hoffnung erfüllen. Cinestar, Kino-Marktführer in Deutschland, verfügt über insgesamt 40 3D-Leinwände. Da hat "Alice im Wunderland" das Nachsehen. "Man kann den erfolgreichsten Film aller Zeiten nicht aus dem Programm nehmen, wenn die Kinos immer noch ausverkauft sind", sagt Cinestar-Sprecher Oliver Fock. Lediglich an zehn Standorten könnten "Avatar" und "Alice" gleichzeitig in 3D laufen. Sonst gebe es Tim Burtons Märchenstunde eben nur zweidimensional zu sehen.

Etwas anders sieht es bei Cinemaxx aus. Sein Haus habe von Anfang an auf 3D gesetzt, sagt Arne Schmidt, Sprecher der Cinemaxx-Kette. Deshalb könnten beide Filme auf den 63 3D-Leinwänden, die Cinemaxx deutschlandweit betreibt, vor dem dunkelbebrillten Publikum laufen.

"Avatar" klar im Vorteil

250 Millionen Dollar soll Disney in das Märchen vom Mädchen, das in ein Kaninchenloch und in eine Zauberwelt fällt, gesteckt haben. Das ist immerhin die Hälfte dessen, was "Avatar" gekostet haben soll. Da verwundert es schon, dass Disney angesichts der eingeschränkten Präsentation seines neuen Werkes in den Kinosäalen nicht ausfällig wird. Mag es daran liegen, dass "Alice" in der dritten Dimension hinter den Erwartungen zurückbleibt? Neben reinen Trickcharakteren wie der Grinsekatze oder dem Monster Jabbawocky gibt es Mischwesen zu sehen. Johnny Depp wurden wahnsinnige Augen verpasst, Anne Hathaway weiße Haare und Helena Boham Carter ein Wasserkopf. Der Herzbube hat den Kopf des Schauspielers Crispin Glover, der Rest ist errechnet. Aber weil "Avatar" rund das Doppelte gekostet hat, sieht es in "Alice" eben auch nur halb so elegant aus, wenn der Herzbube durchs Bild ruckelt.

Ja, Burtons Welt ist so schrill und laut und bunt, wie die Fans sie lieben, doch wird das nicht immer von der Geschichte getragen. Und die Effekte sind eben nicht perfekt. Camerons Pandora-Dschungel macht staunen. Burtons Wunderland hat man irgendwo schon mal gesehen. Deshalb wird "Alice" wohl am Pragmatismus der Zuschauer scheitern, denen es letztlich egal ist, wie viel der Film gekostet und wie lange seine Entstehung gedauert hat. Der Ticketpreis ist schließlich der gleiche.

Hat "Avatar" also die Latte zu hoch gehängt? Müssen die kommenden 3D-Filme für den genialen Wahnsinn des Mannes zahlen, der zehn Jahre Lebenszeit in diese fantastische Reise zu einem anderen Planeten investierte, der neue Kameras und Computerprogramme erfand, damit der Film genauso aussehen möge wie in seinem Kopf?

Gut gegen Piraten

Auch die Antwort ist pragmatisch: "3D ist nicht das Maß aller Dinge", wiegelt Cinemaxx-Sprecher Schmidt ab. Er schätzt den Marktanteil des räumlichen Sehens mittelfristig auf 20 Prozent. "Bei 'Zweiohrküken' brauchen wir keine dritte Dimension." Das sieht Fock von Cinestar ganz ähnlich.

Aber eines ist sicher: 3D ist da, um zu bleiben. Nach "Avatar" - wenn er denn irgendwann mal abgesetzt wird - und "Alice im Wunderland" kommen der 3D-Familienfilm "Drachenzähmen leicht gemacht", das dreidimensionale Actionepos "Kampf der Titanen" und natürlich im November der erste Teil des letzten "Harry Potter"-Films. Der wurde gleich in 3D gedreht. Denn - und das darf man beim Hype um 3D nicht vergessen: Die dritte Dimension eignet sich prima im Kampf gegen die Filmpiraten. Man kann sie schließlich nicht abfilmen. Noch nicht.

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