Steve Butler gibt sich größte Mühe, bodenständig auszusehen. Der Vertreter eines Energiekonzerns und seine Kollegin Sue Thomason kleiden sich für ihre Fracking- Mission im ländlichen Pennsylvania zuerst passend ein: Flanellhemd und Jeans, dazu ein robuster Geländewagen statt Limousine. Schließlich sollen die Bauern ihnen vertrauen und ihre Felder dem Gas-Riesen Global verpachten, der dort nach Erdgas bohren will. Den verarmten Landbewohnern tue er damit doch etwas Gutes, redet sich Butler ein. Er sei kein schlechter Kerl, trumpft er in "Promised Land" (Gelobtes Land) mehrmals auf.
"Bourne"-Star Matt Damon nimmt man den betont hemdsärmeligen Kerl von nebenan sofort ab. An seiner Seite brilliert Frances McDormand ("Fargo") als gewiefte Fracking-Promoterin. Das eingeschworene Duo klappert Höfe ab und preist die umstrittene Fördermethode als Heilmittel gegen Geldnöte an. Bedenken gegen das Einpumpen von Wasser, Sand und Chemikalien in den Boden, um in der Tiefe Gas freizusetzen, werden lächelnd vom Tisch gefegt.
Das Lachen vergeht ihnen, als der pfiffige Umweltaktivist Dustin Noble (John Krasinski/"The Office") mit Flugblättern und Horror- Stories von Gift im Grundwasser und toten Kühen auf den Weiden in der Gemeinde Front macht. Auch mit der Gegenwehr des pensionierten Lehrers und Ingenieurs Frank Yates, von dem 88-jährigen Hal Holbrook ("Into the Wild") überzeugend gespielt, haben sie nicht gerechnet.
Zaghafte Anklage
Perfektes Timing für "Promised Land": Das Umwelt- und Sozialdrama trifft zum Zeitpunkt einer immer hitziger werdenden Fracking-Debatte ein. Immerhin ist Fracking besonders in den USA wirtschaftlich und politisch interessant geworden, um unabhängiger von Erdöl- und Erdgaslieferungen aus dem Ausland zu werden. Andererseits ist das Verfahren auch sehr umstritten, Umweltschützer befürchten beispielsweise eine Verunreinigung des Trinkwassers.
Doch das Werk "Promised Land" des US-amerikanischen Regisseurs Gus Van Sant ("Milk") ist kein radikaler Umweltfilm, der kämpferisch Position bezieht. Mehr ein Gesellschaftsdrama um Integrität und Zusammenhalt, um die Macht von Konzernen und die Verlockung von schnell verdientem Geld.
Nur zaghaft geht "Promised Land" mit Fracking ins Gericht. Eine laute Kampfansage war Damon zufolge auch nicht das Ziel. "Wir wollen über keine Lösungen urteilen, sondern zeigen, was passiert", sagte Damon bei der diesjährigen Berlinale über den Wettbewerbsfilm. "Wir wollten einen Film über die amerikanische Identität machen."
Bisweilen arg sozialkitschig
Zusammen mit Darsteller John Krasinski recherchierte er und schrieb das Drehbuch. Eigentlich wollte Damon auch selbst Regie führen, doch am Ende holte er seinen guten Freund Van Sant an Bord. Ihr gemeinsamer Film "Good Will Hunting" erhielt 1998 neun Oscar-Nominierungen. Robin Williams gewann als Nebendarsteller, Damon und Ben Affleck holten den Oscar für das beste Original-Drehbuch.
Van Sant ist um ausgewogene Dialoge bemüht. Fracking-Verfechter Steve Butler tut einem fast leid, als ihn plötzlich Gewissensbisse plagen. Als mit der Lehrerin Alice (Rosemarie DeWitt/"Rachels Hochzeit") auch noch Liebe ins Spiel kommt, ist der Wechsel zwischen den Fronten vorhersehbar. Stellenweise ist "Promised Land" mehr sozialkitschig, weniger sozialkritisch.
Vor "Promised Land" nahm bereits "Gasland" das umstrittene Fracking ins Visier. Für seine Dokumentation zog der New Yorker Filmemacher Josh Fox durch viele US-Staaten, sprach mit besorgten Anwohnern und zeigte Gefahren und Umweltschäden auf. Die 2011 für einen Oscar nominierte Doku heizte die Debatte um die Tiefbohrungen kräftig an. Die Gas-Lobby fuhr schweres Geschütz gegen den Film auf, Fox drehte weiter. In diesem Frühjahr stellte er "Gasland Teil II" auf Festivals vor.