Zwei Jahre nach dem Raub der weltberühmten Bilder "Der Schrei" und "Madonna" von Edvard Munch hat ein norwegischer Krimineller der Polizei offenbar die Rückgabe im Tausch gegen Straferlass angeboten. Wie die Osloer Zeitung "Dagbladet" unter Berufung auf Justizkreise berichtete, will der wegen eines spektakulären Banküberfalls zu 19 Jahren Haft verurteilte David Toska (30) eine mildere Strafe in seinem jetzt anstehenden Berufungsverfahren erreichen. Toska gilt als einflussreichster Mann der organisierten Kriminalität in dem skandinavischen Land.
Weder Polizei noch die zuständige Staatsanwaltschaft oder beteiligte Anwälte wollten zum Bericht der Zeitung Stellung nehmen. "So etwas können wir natürlich nie kommentieren", sagte Oberstaatsanwalt Tor-Aksel Busch. Nach Angaben von "Dagbladet" führt er seit mehreren Wochen intensive Geheimverhandlungen mit Toskas Verteidiger Øystein Storrvik. Nach norwegischem Recht sind "Tauschgeschäfte" mit Strafnachlässen für Kronzeugenaussagen oder andere Gegenleistungen gar nicht möglich. Dennoch ist die Öffentlichkeit hoch gespannt, ob die schon endgültig verloren geglaubten Kunstwerke so vielleicht doch wieder an ihren Platz im Osloer Munch-Museum zurückkommen können.
Einfach von der Wand gerissen
Von dort wurden sie am 22. August 2004 vor den Augen entsetzter Besucher von zwei maskierten und bewaffneten Männern einfach von der Wand gerissen. Seitdem sind die 1893 und 1894 gemalten Kunstwerke des norwegischen Expressionisten Munch (1863-1944) spurlos verschwunden. Daran hat weder die Verurteilung von drei Tatbeteiligten zu acht, sieben und vier Jahren Haft noch eine Schadenersatzforderung der Stadt Oslo über 750 Millionen Kronen (97 Millionen Euro) etwas geändert.
Fahnder und andere Kenner der norwegischen Unterwelt gaben sich schon sehr früh nach dem Aufsehen erregenden Kunstraub sicher, dass die beteiligten Unterwelt-Kreise eigentlich wenig Interesse an den Bildern selbst oder einem illegalen Deal mit Käufern hatten. Vielmehr sei es darum gegangen, die Aufklärung eines von Toska vier Monate zuvor organisierten Raubüberfalls in Stavanger durch anderweitige Bindung von Polizeikräften zu behindern. Bei dem Überfall mit 13 schwer bewaffneten Männern im Stil von Gangsterfilmen aus Hollywood starb einen Polizist im Kugelhagel der Flüchtenden. Sie nahmen 56 Millionen Kronen (7 Millionen Euro) Beute mit.
Beute als Faustpfand
Toska wurde als Kopf der Bande im Frühjahr 2005 in Spanien gefasst und im September mit 12 Mitangeklagten verurteilt. Schon während des ersten Prozesses in der Nordseestadt Stavanger warteten Experten und die Öffentlichkeit gespannt, ob der Verbleib der beiden Kunstwerke ins Spiel kommen würde. Aber Toska schwieg und nahm die Höchststrafe von 19 Jahren zunächst schweigend hin. Aber als einziger der Verurteilten legte er dann Berufung ein - möglicherweise schon mit den beiden Munch-Bildern als Faustpfand im Hinterkopf.