"Happier Than Ever" Die Kämpfe eines Popstars: Was das neue Album von Billie Eilish über ihr Innenleben verrät

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Billie Eilish
Billie Eilish – schon als Teenager der größte Popstar ihrer Zeit
© Universal Music / DPA
Billie Eilish verbindet mit ihrem zweiten Album "Happier Than Ever" zwei Welten, die scheinbar weit auseinander liegen: die eines Superstars und die von normalen Teenagern und jungen Frauen. Auf das Leben als Popstar scheint sie allerdings nur noch wenig Lust zu haben.

Billie Eilish war erst 18 Jahre alt, als sie 2019 ihr erstes Album veröffentlichte. Schon damals war die US-Amerikanerin ein Star, nicht nur in ihrer Heimat. Mit "When We All Fall Asleep, Where Do We Go?" aber wurde sie zur Pop-Ikone, das Debütalbum brachte Hörer:innen ebenso wie Kritiker:innen förmlich um den Verstand – und spülte Eilish in die allererste Reihe im Musik-Business.

Was das für Billie Eilish bedeutet, darüber hat die Sängerin in der Zwischenzeit selbst oft in Interviews gesprochen, über Medien, soziale Netzwerke und sogar eine Dokumentation haben Fans den Prozess fast hautnah mitverfolgen können. Aber wie würde Billie Eilish all das musikalisch verarbeiten – und wie würde sich ihre Musik dadurch verändern? Das sollte ihr zweites Album zeigen. Und "Happier Than Ever" beweist, dass der Ruhm an der mittlerweile 19 Jahre alten Eilish nicht spurlos vorüber gegangen ist.

Billie Eilish und die Schattenseiten des Lebens als Superstar

Eigentlich nämlich – so scheint es – hat Billie Eilish die Nase nach nur wenigen Jahren auf der großen Bühne schon voll. Gleich der erste Song der neuen Platte, "Getting Older", handelt davon: das Erwachsenwerden vor den Augen der Welt und die Probleme, die damit einhergehen. Eilish nimmt's mit Humor, wenn Stalker vor ihrer Tür kampieren ("The strangers seem to want me more / Than anyone before / Too bad they're usually deranged"), lässt aber wenig verklausuliert durchscheinen, wie es ist, wenn aus der Leidenschaft Musikmachen plötzlich ein Beruf wird: "Things I once enjoyed / Just keep me employed now / Things I'm longing for / Someday I'll get bored of".

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Die Schattenseiten des Lebens als Popstar, mit allen Anforderungen und Ansprüchen, das es mit sich bringt, hat Eilish bereits kennengelernt. Auf ihre Musik, so schien es am Anfang, konnten sich alle einigen, Teenager und Erwachsene. Aber mehr und mehr erfährt Eilish auch Anfeindungen aufgrund ihres Auftretens oder ihres Aussehens, im Internet tauchten alte Videos von ihr auf, auf denen sie einen rassistischen Begriff benutzte. Eilish entschuldigte sich und sprach wenig später in einem Interview darüber, wie belastend es ist, dass das ganze Leben online steht. 

Der Alltag als Superstar ist immer wieder Thema auf "Happier Than Ever" – was wenig verwunderlich ist, da genau das Billie Eilish in den vergangenen Jahren vorrangig beschäftigt haben dürfte. Ihr Leben spielt sich mittlerweile gefühlt einige Universen von dem eines normalen Teenagers entfernt ab. Und Eilish wirkt in den Songs nicht gerade, als würde sie das genießen. Sie erzählt von Stalkern, Sicherheitsmännern und darüber, wie ein Liebhaber eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben muss, damit nicht noch mehr Details aus ihrem Privatleben an die Öffentlichkeit dringen. Mit solchen Problemen muss sich diese 19-Jährige herumschlagen. Und dann gibt es Zeilen, in denen Eilish ganz offen an allem zweifelt: "Maybe I should think about a new career / Somewhere in Kauai where I can disappear".

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Billie Eilish geht die harten Themen an

Natürlich wird Billie Eilish sich trotzdem nicht auf Hawaii verstecken, jedenfalls noch nicht. Und das liegt nicht nur an Verträgen mit Plattenfirmen oder den Erwartungen der Öffentlichkeit – sondern vor allem auch daran, dass Billie Eilish noch eine Menge zu sagen hat. Musikalisch ist "Happier Than Ever" viel gelassener als der sensationelle Vorgänger, weitaus weniger düster und depressiv. Aber inhaltlich geht Eilish auch die harten Themen an, thematisiert zum Beispiel in dem zuvor schon als Single veröffentlichten "Your Power" emotionalen Missbrauch, den sie selbst erlebt hat. 

Das Spoken-Word-Zwischenstück "Not My Responsibility" ließe sich in diesem Zusammenhang eigentlich komplett zitieren, weil es so treffend beschreibt, wie Eilish ständig mit Erwartungen an ihren Körper, ihr Verhalten, ihr Auftreten konfrontiert ist. Das sind Themen, die Frauen in der Öffentlichkeit bewegen, aber auch wiederum Themen, mit der wohl nahezu jede Frau in ihrem Alter Erfahrungen gemacht hat – und Eilish weiß ganz genau: Wem würde man bei solchen Dingen zuhören, wenn nicht ihr? Schon mit ihrem Debütalbum enttabuisierte sie Themen wie Depressionen und andere psychische Probleme bei ihrer Generation.

"Happier Than Ever" – wirklich?

Dafür bleibt sie gerne noch eine Weile Superstar – und so ganz schlecht kann es ihr doch nicht gehen, wenn man dem Albumtitel Glauben schenkt. Oder? "Happier than ever", also: "Glücklicher als je zuvor", ist allerdings nicht nur der Titel einer Abrechnung mit ihrem Ex-Freund Brandon Q Adams, die sich in ein rasantes Rockstück steigert.

Es ist auch ein Zitat aus dem eingangs schon erwähnten Opener "Getting Older": "I'm happier than ever, at least, that's my endeavor / To keep myself together and prioritize my pleasure". Das klingt wie ein Auftrag, den Billie Eilish sich selbst gibt – um sich selbst nicht zu verlieren und diesen Wahnsinn, an dem schon so viele zerbrochen sind, irgendwie zu überstehen.

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