Eigentlich sollte der 7. September 1996 ein guter Tag werden. US-Rapper Tupac Shakur – seinerzeit der erfolgreichste Rapper der Welt mit Abermillionen verkauften Tonträgern – ist gerade auf der Flamingo Road unterwegs, auf dem Weg nach Las Vegas zu einem Boxkampf, als ein weißer Cadillac neben seinem schwarzen BMW 750 stehenbleibt. Und bevor der Rapper begreifen kann, was vor sich geht, schießt aus dem hinteren Fenster jemand auf sein Auto. 13 Schüsse werden abgefeuert, vier davon treffen Tupac Shakur. Der 25-Jährige blutet stark, kommt ins Krankenhaus und stirbt dort sechs Tage später, am 13. September 1996.
Der Tod des beliebten Gangster-Rappers bewegt bis heute die gesamte Musikszene. Tupac Shakur hat Maßstäbe gesetzt und seinerzeit mit Hip-Hop-Größen wie Snoop Dog und Puff Daddy gearbeitet. Aber er ist auch in eines der größten Mysterien der Rap-Geschichte verwickelt. Die genauen Hintergründe seines Todes sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Erst jetzt – fast 30 Jahre nach dem Todesfall – kommt es zu einer Festnahme in dem Fall. Der ehemalige Gang-Chef Duane Davis wurde wegen Mordverdachts festgenommen. Er hat bereits im Vorfeld immer wieder betont, dass er in dem weißen Cadillac saß, aus dem man auf Shakur schoss. Ob Davis tatsächlich der Schütze war, ist weiterhin unklar. Fest steht jedoch, dass der ehemalige Gang-Chef der letzte noch Überlebende ist, der in dem Tatfahrzeug saß. Bereits vor zwei Monaten hatten Polizisten den Wohnsitz von Davis in Las Vegas durchsucht und unter anderem einen Computer und ein Handy beschlagnahmt.
Wer hat Tupac Shakur und Biggie erschossen?
Sollte es wirklich zu einer Verurteilung kommen, würde die US-Rap-Fehde zwischen West Coast und East Coast ein neues Kapitel erreichen. Seit dem Tod von Tupac Shakur hat sich die Feindschaft der beiden Musikszenen als fester Teil der US-Rapgeschichte etabliert. Dank der Initiative von ebenfalls beteiligten Rappern wie Snoop Dogg, Bizzy Bone und anderen gehört sie zwar mittlerweile der Vergangenheit an, aber nachwirken tut sie dennoch.
Es gibt etliche Dokumentationen und Bücher über die Vorfälle, die Fans des Rappers verehren ihr Idol bis heute und rätseln über das, was wirklich passiert ist. Denn: Der Fall Shakur ist nicht der einzige ungelöste Tod in der Szene. Nur etwa ein halbes Jahr später kam es in Los Angeles zu einem weiteren ungewöhnlichen Vorfall:
Der US-Rapper Christopher Wallace, besser bekannt als “The Notorius B.I.G.“ fährt mit Freunden und Kollegen seiner Plattenfirma Bad Boy Records in seinem Chevrolet Suburban in der Nacht durch Los Angeles. Sie kommen gerade von der After-Party der Soul Train Music Awards, die Stimmung ist ausgelassen. An einer roten Ampel an der Ecke zwischen Wilshire Boulevard und der South Fairfax Avenue bleiben sie stehen. Neben ihnen hält ein schwarzer Chevrolet Impala, das Fahrer-Fenster wird heruntergekurbelt und das Feuer eröffnet. Vier Kugeln treffen den Rapper, der kurze Zeit später im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erliegt. Bis heute ist nicht geklärt, wer Wallace erschossen hat.
Wenn aus Freundschaft Feindschaft wird
Die Ähnlichkeit der beiden Todesfälle Tupac und Biggie, wie Christopher Wallace auch genannt wurde, sind kein Zufall – da ist man sich in der Szene schnell sicher. Denn die Art ihres Ablebens war bei weitem nicht alles, was die beiden Musiker miteinander verbunden hat. Sie waren Freunde, bis sie zu Feinden wurden.
Nachdem sich die beiden Newcomer gegenseitig hochgepusht hatten, gemeinsame Erfolge feierten und viel Zeit miteinander verbachten, kam es zu einem Zwischenfall, der ihr Verhältnis für immer ändern sollte: Als Tupac mit Biggie und seinem Manager verabredet war, wurde er auf dem Weg überfallen und angeschossen. Shakur sagte später in einem Interview, dass er vermutet, dass seine beiden Freunde dahinterstecken. Beweise dafür gab es nicht, jedenfalls keine juristischen.
Einige Monate später veröffentlichte Biggie allerdings mit dem Produzenten Sean Combs den Song “Who shot ya?“ – zu deutsch: “Wer hat auf dich geschossen?“. Für Shakur war das ein Schuldeingeständnis, das nach Rache schrie. Das war die Geburtsstunde des legendären Diss-Tracks “Hit Em Up“. Darin drohte Shakur seinen früheren Wegbegleitern Gewalt an und sang darüber, dass er mit der Frau von Wallace geschlafen habe. Ab diesem Punkt hat sich der Rap-Krieg, wie er seinerzeit gerne genannt wurde, immer weiter hochgeschaukelt.
Die lange Suche nach dem Mörder
Und die Feindschaft bestand nicht nur aus den Rappern, auch ihre Produzenten waren sich nicht gerade grün. So beschuldigte Shakurs Labelboss Marion Hugh Knight seinen Konkurrenten Combs etwa, an der Ermordung eines anderen Musikers beteiligt gewesen zu sein. Eine Anklage oder Verurteilung gab es in dem Fall ebenfalls nicht. Knight selbst sitzt allerdings aktuell im Gefängnis eine Haftstrafe wegen Totschlags ab.
Vielleicht bringt die neueste Festnahme nun endlich Licht ins Dunkel der vielen Theorien um die beiden berühmten Todesfälle. Sollte der Gang-Chef wirklich involviert sein, würde das eine der hartnäckigsten Vermutungen zunichte machen: Viele Fans gehen davon aus, dass sich die beiden Rapper, angestachelt durch ihre Diss-Tracks, gegenseitig aus dem Leben gerissen haben und so ihrer einstigen Freundschaft ein mehr als tragisches Ende bereitet haben.
Quelle: Universal Music, Rolling Stones