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Wirtschaftsmacht Abba Money, Money, Money

34 Jahre nach Abbas Grand-Prix-Sieg mit "Waterloo" werden weltweit immer noch jeden Tag 3000 Alben der schwedischen Popband verkauft. Die Verfilmung des Musicals "Mamma Mia!" spült nun erneut Millionen in die Kassen der Songwriter Benny Andersson und Björn Ulvaeus.
Von Tobias Schmitz

Im Jahre 1966 trafen sich zwei junge Männer auf einer Party in Linköping, Schweden. Der eine war Benny Andersson, der andere hieß Björn Ulvaeus. Irgendwann im Laufe des Abends saßen beide mit Gitarren unter einem Baum und spielten Beatles-Songs. Die beiden mochten sich, schlossen Freundschaft und begannen, gemeinsam Lieder zu schreiben. Lieder, die auch heute noch, mehr als 30 Jahre nach ihrer Entstehung, unglaublich frisch und einnehmend klingen. Der Abba-Sound - eine unglaubliche Erfolgsstory.

Wie verkauft man zwischen 350 und 400 Millionen Tonträger? Mit harter Arbeit und ein wenig Glück. Glück war es, dass sich Benny und Björn trafen und wenig später in Anni-Frid (die Dunkelhaarige) und Agnetha (die Blonde) verliebten. Glück war es, dass Agnetha einen strahlenden Sopran besaß, Anni-Frid ("Frida") einen etwas dunkler gefärbten Mezzosopran. Beide Stimmlagen harmonierten perfekt miteinander.

Abba macht von Anfang an keine halben Sachen

Dann begann die Schufterei: Andersson und Ulvaeus saßen Tag für Tag von morgens bis abends zusammen, um mit Klavier und Gitarre Songs zu erfinden. Schien eine Idee gut genug zu sein, wurde sie im Studio zusammen mit Toningenieur Michael B. Tretow in mühsamster Kleinarbeit auf Hochglanz poliert. Nicht ganz so gute Ideen landeten gleich im Papierkorb und wurden gar nicht erst fertig produziert. Niemand in der Geschichte des Pop ging mit der eigenen Arbeit selbstkritischer um als Benny und Björn. Abba machte keine halben Sachen - auch geschäftlich nicht.

Ihr Handwerk als kluge Kaufleute lernten Andersson und Ulvaeus bei Abba-Manager Stig Anderson, einem cholerischen, arbeitswütigen Berserker, der Abbas Erfolg mit "Waterloo" wie einen Feldzug geplant hatte. Als Abba mit Hits wie "S.O.S.", "Mamma Mia" oder "Fernando" zu Stars wurden, reiste Anderson quer durch Europa und schloss Land für Land eigene Plattenverträge ab, die der Gruppe größtmögliche Kontrolle über ihre Musik und entsprechenden Profit garantierten. Mit dem explosionsartigen Erfolg von Abba schossen auch die Einnahmen durch Tantiemen in die Höhe. Zeitweise hieß es, niemand in Schweden verdiene mehr Geld als Abba - außer Volvo.

Die Band investiert in Kunstwerke, Supermärkte und Fahrradfabriken

Das besondere schwedische Steuerrecht mit einem Spitzensteuersatz von 85 Prozent bereitete Anderson Kopfzerbrechen. Also investierte die Band in so ziemlich alles, was sich günstig auf die Steuerlast auswirkte: unter anderem in Kunstwerke, Supermärkte oder Fahrradfabriken. Später stiegen die Schweden sogar ins Ölgeschäft ein. Ausgerechnet mit der gleichnamigen Fischfabrik hatte Abba nie etwas zu tun. Ihre Geschäftstüchtigkeit und Schlauheit im Umgang mit Steuergesetzen macht die Band im sozialdemokratischen Schweden der siebziger Jahre ziemlich unbeliebt: Eine Popgruppe sollte gefälligst Musik machen - und nicht wie ein international operierender Mischkonzern agieren.

So sparte die Öffentlichkeit auch nicht mit einer gewissen Häme, als das Abba-Imperium Anfang der achtziger Jahre in schwere Turbulenzen geriet. Manager Anderson hatte sich am Ölmarkt verspekuliert und dem Unternehmen Abba horrende Verluste beschert. Der Manager und seine Band sprachen von nun an größtenteils über ihre Anwälte miteinander.

Ein Musical bringt die zweite Geldschwemme

Natürlich verarmten die Schweden als mehrfache Millionäre nicht. Verwundert bemerkten sie ab Mitte der neunziger Jahre aber, wie Abba wieder in Mode kam und damit auch die Einnahmen durch die Verwertung der Songs stiegen. Und dann, zwischen 1996 und 1997, taten Andersson und Ulvaeus etwas, das ihren Reichtum fast ins Unermessliche treiben sollte: Sie freundeten sich mit der Idee an, ihr Einverständnis für ein Musical mit Abba-Songs zu geben. "Mamma Mia!" Mit diesem Musical sollten die Songschreiber mehr Geld verdienen als mit den vielen Millionen verkaufter Schallplatten.

Zunächst waren Benny und Björn skeptisch: ein weiteres Musical? Mit "Chess" und "Kristina fran Duvemala" hatten sie zwar beträchtlichen Erfolg gehabt, aber die Idee der englischen Produzentin Judy Craymer, alte Abba-Hits in die Rahmenhandlung um eine junge Frau einzufügen, die auf einer griechischen Insel ihren Vater sucht, war ihnen ziemlich suspekt. Würde das funktionieren? Vor allem: Würden die Leute so etwas sehen und hören wollen?

Spätestens mit der Premiere von "Mamma Mia!" am 6. April 1999 in London, auf den Tag genau 25 Jahre nach "Waterloo", lösten sich alle Bedenken in Luft auf: Das englische Publikum reagierte euphorisch, "Mamma Mia!" wurde sofort ein Hit. Schnell entstanden auf der ganzen Welt weitere Produktionen - in Deutschland funktionierte die Musical-Idee sogar mit deutschen Texten.

Ingesamt sahen bisher mehr als 30 Millionen Menschen "Mamma Mia!" und sorgten für mehr als zwei Milliarden US-Dollar Umsatz. Woche für Woche werden etwa acht weitere Millionen umgesetzt.

"Mamma mia!" kurbelt die CD-Verkäufe neu an

Das Musical befeuert nun wiederum den CD-Verkauf mit den alten Hits: Weltweit werden Tag für Tag ungefähr 3000 Abba-Alben verkauft - kein Wunder, dass Abba auch heute noch für den Musikkonzern Universal zu den wichtigsten Künstlern überhaupt gehören. Und der Geldstrom wird nicht versiegen: Jetzt, mit dem Start des "Mamma Mia!"-Films, Etat etwa 60 Millionen Dollar, wird die Musik von Abba ihren x-ten Frühling erleben. Und natürlich verdienen Benny Andersson und Björn Ulvaeus auch hier als ausführende Produzenten kräftig mit.

Und was machen die Komponisten mit all ihrem Geld? "Wir geben nichts aus. Wir sparen alles für schlechte Zeiten", scherzen Benny und Björn im stern-Interview (Heft 29/2008, S. 108). Und Benny Andersson fügt hinzu: "Genug Geld erleichtert das Leben. Ich hätte zwar auch ein Boot, wenn ich arm wäre, aber jetzt kann ich mir eben ein größeres Boot leisten. Das ist der Unterschied." So spricht einer, der schon im Jahr 2000 vermögend genug war, um ein unglaubliches Comeback-Angebot abzulehnen: Abba sollte wieder auf Tournee gehen - und dafür eine Milliarde Dollar bekommen.

Humanitäres Engagement und beschaulicher Vorruhestand

Heute genießen Björn und Benny, Anni-Frid und Agnetha einen höchst komfortablen Vorruhestand. Benny, 61, ist nicht nur Eigentümer der Plattenfirma Mono Music, sondern auch Besitzer des schicken Luxushotels "Rival" im Herzen Stockholms. Er liebt die schwedische Volksmusik und spielt am liebsten Akkordeon, wenn er mit seinem "Benny Andersson Orkester" quer durch das Land tourt. Björn, 63, kümmert sich, wenn er nicht gerade für "Mamma Mia!" unterwegs ist, vor allem um seine Familie in Stockholm und bekennt, "vernarrt in die Enkelkinder" zu sein. Außerdem hat er sich der Organisation "Humanisterna" angeschlossen, die sich für humanistische Grundwerte einsetzt. Anni-Frid, 62, lebt abwechselnd in der Schweiz und Südschweden und setzt sich unter anderem mit ihrer Stiftung "Kind und Umwelt" für den Umweltschutz ein. Agnetha, 58, lebt zurückgezogen in der Gemeinde Ekerö, einer Inselgruppe westlich von Stockholm. Auf ihrem Anwesen wohnt auch Linda Ulvaeus, 35, gemeinsame Tochter von Björn und Agnetha, die in Schweden mittlerweile eine bekannte Schauspielerin ist, mit Ehemann und Kind.

Kürzlich, bei der Premiere des "Mamma Mia!"-Films in Stockholm, traten Agnetha und Anni-Frid erstmals seit langer Zeit wieder gemeinsam öffentlich auf und tanzten zusammen mit Schauspielerin Meryl Streep fröhlich über den roten Teppich. Ihre Ex-Gatten sahen mit gelassener Freude zu. Es scheint ihnen allen sehr gut zu gehen. Kein Wunder.

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