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RTL-Serie Mehr "Tatort" als "nackte Frisösen" – Henning Baum spielt den "König von Palma"

Matti Adler (Henning Baum) greift in seiner Kneipe auch mal selbst zum Mikrofon.
Er ist "Der König von Palma": Matti Adler (Henning Baum) greift in seiner Kneipe auch mal selbst zum Mikrofon.
© RTL
Eine Serie am Ballermann: "Der König von Palma" mit Henning Baum in der Hauptrolle klingt nach Klischee pur. Doch statt mit "nackten Frisösen" überrascht der Sechsteiler als vielschichtiges Drama.

Auf diese Idee hätte die ARD schon längst kommen müssen: Ein "Tatort" am Strand von Mallorca, im sogenannten 17. Bundesland, genauer gesagt am berüchtigten Ballermann: Sonne, Strand und ein bisschen Mafia. Fertig ist das deutsche "CSI". Doch die Titelmelodie von "Der König von Palma" lässt nichts Gutes erahnen "Buenas Dias Matthias wir sind wieder da" heißt es im Original von der Kölner Band Paveier, "mit alle Mann am Ballermann, nur Amore und Sonnenschein". Puh, das klingt nach Klischee pur, nach saufwütigen deutschen Touristen und verzweifelt-naiven "Goodbye Deutschland"-Auswanderern. Doch die Zuschauer erleben eine willkommene Überraschung.

Die neue sechsteilige RTL-Serie "Der König von Palma" ist kein Ballermann-Bums, sondern ein vielschichtiges und gelungenes Drama mit Krimi-Elementen. Drehbuch, Besetzung und Look – die Macher von UFA Fiction und RTL haben sich ziemlich viel Mühe gegeben, um den Stoff so klischeefrei wie möglich umzusetzen. Das wirkt zwar manchmal etwas bemüht, vor allem weil die Geschichte um die Ballermann-Kneipe "Bieradler" ziemlich langatmig und umständlich erzählt wird. Doch eingefügte Original-Filmaufnahmen vom Ballermann aus den 90er Jahren und viel Liebe zum Detail machen die Schwächen mehr als wett.

Matti Adler (gespielt von Henning Baum), ein Autoverkäufer aus Dortmund, wandert nach Mallorca aus, um dort seinen Traum von einer eigenen Kneipe zu verwirklichen. Vor Ort angekommen, gerät er in einen Strudel aus mafiösen Strukturen und seine Frau Sylvie (Sandra Borgmann) versucht mit allen Mitteln, den Auswandererplan zu torpedieren. Dank seiner Bedienung Bianca (Pia Micaela Barucki) tritt bald Costa Cordalis (in der Serie verkörpert von seinem Sohn Lucas) im "Bieradler" auf. Der Beginn einer Erfolgsstory, wäre da nicht die neidische und kriminelle Konkurrenz.

Lucas Cordalis spielt seinen Vater Costa

Baum, der mit bunten Hawaiihemden und Goldkettchen am Tresen steht, ist eine Idealbesetzung. Auch dank seines Ruhrpott-Idioms nimmt man ihm die Rolle des Auswanderers sofort ab. Ein Macho zwar, aber kein Lebemann. Typ harte Schale, weicher Kern. Umso fraglicher ist es, wie er es mit seiner Sylvie aushält. Die sitzt mit hochgeknöpften Blusen am Strand und scheint eher ins "Haus am Eaton Place" (ein Vorläufer von "Downton Abbey") zu passen, als an den Ballermann. Sandra Borgmann hätte die zickige Ehefrau nicht besser anlegen können. Doch die wahren Stars sind die überraschenden Nebendarsteller: Martin Semmelrogge als zwielichtiger Autovermietungskönig und Lucas Cordalis als sein Vater Costa (mit herrlicher Lockenperücke und viel "Hossa") machen die Serie rund.

Leider hat die Serie auch Schwächen. Es wird, gerade am Anfang, viel zu viel erklärt. Vor allem die Erzählperspektive nervt: Alles wird aus Sicht der ostdeutschen Bedienung Bianca geschildert. Die permanente Beschallung mit 80er und 90er-Hits wirkt bemüht nach dem Versuch, erstmal bloß kein Ballermann-Flair aufkommen zu lassen. Und so sehr die Macher Wert auf die Ausstattung gelegt haben (die Kneipe wirkt tatsächlich wie ein Ballermann-Original), leisten sie sich eklatante Schwächen bei ihren Hauptfiguren, vor allem bei Sylvie. Sie wird als emanzipierte Mutter und Ehefrau dargestellt, die einen Liebhaber hat. Doch in Wahrheit lässt sie sich permanent unterbuttern. Stimmig ist das nicht. Höchstens witzig.

"Der König von Palma" war überfällig

Eine Serie rund um den Ballermann zu drehen, war überfällig. Das Phänomen um die Entstehung des Massentourismus am Balneario 6 jenseits von Dokuserien zu erzählen, ist bester Drehbuchstoff. Als historisches Vorbild diente dabei der "Bierkönig", jene Kneipe, in der Jürgen Drews und Co. den kleinen Strand auf Mallorca zum eigenen Genre machten. Penibel genau haben die Drehbuchautoren im Milieu recherchiert. Das lässt Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen und kommt dem Plot zugute. Ja, vieles könnte damals genau so gewesen sein.

Der Titel der Serie erinnert an "Der König von St. Pauli", einer Wedel-Serie aus den 90er Jahren, die die Geschichte der Hamburger Reeperbahn erzählt. An die Klasse und Finesse des Vorbilds kommt "Der König von Palma" nicht heran. Aber Henning Baum darf sich schon jetzt der Prinz von Palma nennen. Der Sechsteiler ist die beste Serie, die RTL+ derzeit zu bieten hat. Für Ballermann-Hasser und -Liebhaber gleichermaßen. Das überraschende Ende schreit nach einer Fortsetzung. Genügend Hits und Stoff gibt es auf jeden Fall. Hossa.

"Der König von Palma" startet ab Karfreitag um 20.15 Uhr auf RTL. Alle Folgen sind bereits beim Stremingdienst RTL+ zu sehen.

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