TV-Kritik Serie mit Suchtpotenzial: "Silo" könnte der nächste Science-Fiction-Hit werden – auch dank super Besetzung

Rashida Jones und David Oyelowo in der ersten Folge von "Silo"
Rashida Jones und David Oyelowo in der ersten Folge von "Silo"
© Apple TV+
Ist das Science-Fiction, Thriller, Dystopie oder Gesellschaftsporträt? "Silo", neu bei Apple TV+, ist eine spannende und geschmeidig erzählte Serie, die sich mit einer möglichen Zukunft der Menschheit auseinandersetzt.

Was Serien betrifft, liegt Apple TV+ seit einer Weile nur selten daneben. "Severance" war eine Sensation, "Ted Lasso" ein absoluter Publikumshit, "Slow Horses" stilvoll und spannend und "Shrinking" mit Jason Segel und Harrison Ford ist seit ein paar Wochen die Standard-Empfehlung, die man hört, wenn man alle "großen" Serien bereits durchgeguckt hat und nach Tipps fragt. Und jetzt auch noch "Silo". Ein unsexy Name, zugegeben, der das deutsche Publikum vermutlich zuerst an die Landwirtschaft erinnert – mit der die Serie allerdings nur sehr bedingt zu tun hat.

Was das namensgebende Silo verwahrt, sind nämlich Menschen. Die flüchteten sich vor hunderten von Jahren in den tiefen Bau, der unter der Oberfläche errichtet wurde, um sich vor der toxischen Außenwelt zu schützen. Sie wissen nicht mehr, weshalb das einst nötig war, klar scheint nur zu sein: Wer nach draußen geht, stirbt dort nach wenigen Minuten. Drinnen ist das Leben perfekt organisiert – logisch, anders wäre das Zusammenleben von gut 10.000 Menschen auf so engem Raum kaum möglich. Von den Bewohnern wird viel Disziplin und Anpassung verlangt: Nachwuchs bekommen darf beispielsweise nur, wer dazu eine Erlaubnis ergattern konnte. Beziehungen müssen offiziell registriert werden.

"Silo": Was ist das und warum sind wir hier?

Aber weil Menschen nun mal Menschen sind, ploppen natürlich dennoch bei vielen der Charaktere bald Fragen auf. Was, wenn es draußen gar nicht wirklich gefährlich ist, sondern die Silo-Bewohner belogen werden? Warum müssen die Menschen überhaupt im Silo leben? Wer hat es einst gebaut? Warum? Und wollen die Agenten der Sicherheitsbehörde, die bei allen Entscheidungen das letzte Wort zu haben scheinen und nahezu alles über jeden wissen, wirklich das Beste für die Bewohner?

"Silo" fängt stark an, mit genau diesen großen Fragen. Als Zuschauer verfolgt man, wie der gesetzestreue Sherriff Holston (David Oyelowo) und seine Frau Allison (die wunderbare Rashida Jones) sich immer mehr Fragen stellen und am System Silo zu zweifeln beginnen. Ohne zu viel spoilern zu wollen: Schade ist, dass man sich sehr schnell in beide Figuren verliebt, der Fokus der Serie allerdings bald auf die toughe Mechanikerin Juliette Nichols (Rebecca Ferguson) wechselt, die im Vergleich eher blass bleibt. Auch verlangsamt sich das Erzähltempo zur Mitte hin deutlich.

Dramaturgie: etwas sprunghaft

Auch viele andere Charaktere, die man liebgewinnt, verschwinden oft recht schnell wieder aus der Handlung. Zudem ist die Liebesbeziehung von Holston und Allison die einzige, die ausführlich gezeigt wird und die man deshalb intensiv mitfühlt. Vom Publikum wird aber später gleich in zwei Fällen verlangt, Emotionen für Beziehungen aufzubringen, von denen man erst Sekunden zuvor überhaupt erfahren hat. Nicht ganz einfach. Aber das ist ähnlich kleinliches Gemecker wie das, dass die Titelmusik wirklich arg an jene von "Westworld" erinnert. (Schade trotzdem, wo doch die Titelsequenz ein Aushängeschild für eine Serie ist.)

Auch, wenn Juliette Nichols nicht die Heldin ist, die man wohl selbst aus dem Ensemble gewählt hätte, ist die Story äußerst spannend erzählt, das Set-up des Silos wirkt gleichermaßen plausibel wie beklemmend, die Geheimnisse haben allesamt doppelte Böden und bis zuletzt dürfte auch der aufmerksame Zuschauer rätseln, wer nun eigentlich wirklich "die Guten" sind.

Gute Serie dank des guten Personals

"Silo" ist Science Fiction, die sich allerdings nicht so anfühlt – weil die Serie so bodenständig (obwohl unterirdisch) daherkommt und der menschliche Aspekt so sehr im Vordergrund steht. Das liegt wohl auch an Showrunner Graham Yost, der für Apple bereits für "Slow Horses" zuständig war und dort einen exzellenten Job machte. Zudem ist die Besetzung wirklich fantastisch: Neben Rebecca Ferguson, Rashida Jones, und David Oyelowo sind unter anderem Tim Robbins ("Green Lantern"), Harriet Walter ("Succession") und der Rapper Common in größeren Rollen zu sehen.

"Silo" ist aktuell bei Apple TV+ zu streamen.

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