TV Kritik: "Die 2 - Gottschalk und Jauch gegen alle" Ohne Islam-Prediger und ohne Biss

  • von Sylvie-Sophie Schindler
Jauch baumelt von der Decke, Gottschalk zeitweise wie in Trance. Was das soll? Business As Usual im deutschen Showgeschäft. Beängstigend ist die Rückkehr von "Die 2" trotzdem.

Die gute Nachricht für Günther Jauch: Es war eine Sendung ohne Islam-Prediger. Damit ist der Moderator an einer Retraumatisierung erst mal vorbeigeschrammt. Aber dennoch, es gab schon wieder neue Sorgen. Jauch baumelte von der Studiodecke wie ein drittklassiger Zirkusartist, den man vergessen hatte abzuhängen. In eine Art Klettergeschirr gezwängt, das sein Genital unter der Hose ähnlich zur Schau stellte wie ein Suspensorium. "Ich würde gerne im Schritt noch was korrigieren", setzte Jauch zwar an, doch da war es schon zu spät.

Meterhoch über den Boden schwebend, musste er sich den Quizfragen stellen und zeigte einmal mehr, dass er dringend politische Nachhilfe braucht. Die Idee, den Soli abzuschaffen, hatte jüngst welcher Minister? Jauch musste passen. Das Sprichwort "Klappern gehört zum Handwerk" wusste er hingegen zu vervollständigen. Kein Wunder, nicht zuletzt ist es sein langjähriger Freund Thomas Gottschalk, der genau davon richtig viel versteht. Er klappert, er plappert. Und weil er das im Fernsehen macht, mit eben Jauch zusammen, nennt sich diese Angelegenheit "Die 2 - Gottschalk und Jauch gegen alle".

Willkommen zur großen Latex-Show

Tja, leider, für uns sind dies keine guten Nachrichten. Mehr noch: Sie sind beängstigend. Im April wurde die RTL-Show zum fünften Mal ausgestrahlt. Während der monatelangen Pause hoffte man, die Sache hätte sich erledigt. Wer braucht schon TV-Momente, die so aufregend sind wie Angela Merkels Hosenanzüge. Doch die Blase ist geplatzt, und das im wahrsten Sinne des Wortes: Jauch und Gottschalk standen am Anfang der nun wieder zurückgekehrten Show in aufgeblasenen Ballons, aus denen sie Moderatorin Barbara Schöneberger mit einer spitzen Nadel befreite. Ihre Begrüßung: "Willkommen zur großen Latex-Show."

Das Konzept formulierte sie dann so: "Wir tippen, wir raten, wir rennen, wir hängen, wir singen." Und das im Wettbewerb mit einem 500köpfigen Studiopublikum. Oder anders gesagt: Es kommt, und das bunt durcheinander gewürfelt, so ziemlich alles vor, und davon gerne das Albernste, was man aus anderen Shows kennt - nur Wetten gibt es keine. Dafür aber alte Fotos, etwa Jauch am ersten Schultag in bayerischer Lederhose mit Blümchenschuhen. Denn auch dafür ist die Sendung da: In alten Zeiten schwelgen.

Der Biss ist weg

Und es gibt viele Erinnerungen, die die beiden Publikumslieblinge teilen, denn bereits in den 80er-Jahren etablierten sie sich im Radiosender B3 als schlagfertiges Duo. Wer sie aus diesen Zeiten kennt und schätzt, muss aber leider feststellen: Der Biss ist weg. Auch deshalb, weil Gottschalk nie müde geworden ist, dieselben Witze zu bemühen. Immer noch, wie auch am Freitagabend, scherzt er beispielsweise über seinen eigenen ausgefallenen Kleidungsstil. Doch der Clown hat ausgedient. Es wirkte bemüht, und nur unter leicht zu Erheiternden witzig, als Gottschalk sich etwa Ohrstöpsel in die Nase steckte.

Inzwischen hat Barbara Schöneberger das Ruder in Sachen Humor übernommen. Sie trifft zwar nicht immer ins Schwarze, ihre Witze sind auch keine Brüller, aber sie hat Charme, sie hat Leichtigkeit, man sieht ihr gerne dabei zu, wie sie sich selbst nicht so wichtig nimmt. "Wenn ich euch zu viel werde, könnt ihr mich einfach hinten an die Kleiderstange hängen", meinte sie nonchalant. Und kommentiert das Finalspiel, bei dem ein in der Mitte stehender Ballon nach und nach mit Luft befüllt wird, mit "Mein Lieblingsspiel, ich verschwinde hinter einem wachsenden Ballon."

Ein Haarproblem weniger

Zumindest, die Schöneberger schien richtig Lust auf die Sendung zu haben. Auch Jauch zeigte viel Einsatz, insbesondere wenn es darum ging, etwas im Kopf auszurechnen, beispielsweise Strompreise oder wie viele Kilometer Thomas Müller während der WM-Spiele in Brasilien gelaufen ist - Antwort 83,957 Kilometer. Gottschalk hingegen gab sich derweil meistens als ein müder Mann. "Wie kann man sich nur so fein im Hintergrund halten, Thomas", staunte die Schöneberger. Immerhin, Mathilda holte Gottschalk aus seiner zeitweisen Trance. Mathilda, ein sieben Monate altes Känguru, des "Wie-süß-ist-das-denn"-Faktors wegen herangeschafft. Gottschalk fütterte es begeistert mit einer Karotte.

Aus dem Publikum schaffte es Thomas Harmuth schließlich ins Finalspiel, "Der große Knall", bei dem es um einen Gewinn in Höhe von 100.000 Euro ging. Der große Wunsch des unter Geheimratsecken leidenden Kandidaten: eine Haartransplantation. "Aus dir kann ein richtiger Bob Marley werden", prophezeite Schöneberger. Doch daraus schien dann doch nichts zu werden: Jauch und Gottschalk hatten die Nase vorne - es ging darum, Behauptungen als wahr oder falsch zu identifizieren - und Harmuth ging als Verlierer vom Platz. Nicht ohne ein Trostpflaster: Gottschalk sicherte ihm zu, man werde für seine Haartransplantation aufkommen. Wenigstens das kann man der Sendung denn also zugutehalten: ein Haarproblem weniger.

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