"Letzten Samstag gab es keine Entscheidung", erklärte Marco Schreyl. "Ich hab's vermisst!" – "Vermasselt" wäre wohl aufrichtiger gewesen. Bei der Einblendung einer Gewinnspieltafel waren in der Vorwoche bei den beiden Kandidaten Zazou Mall und Marco Angelini die Telefonendziffern vertauscht worden.
Trotzdem konnten Fans weiterhin zum Preis von 50 Cent für ihre Kandidaten abstimmen. Erst kurz vor Mitternacht brach RTL die Abstimmung ab - erstmals in der DSDS-Geschichte. Entsprechend kleinlaut gab sich Schreyl, schielte auf seine Moderationskärtchen und verwies zur Sicherheit immer wieder auf den Teletext. Und er versprach: "Am Ende fliegt einer raus!"
Und der Gewinner heißt: RTL
"Wir können nicht verantworten, dass ein Gefühl entsteht, da könnte etwas nicht richtig gelaufen sein", hatte Chefjuror Dieter Bohlen letzte Woche nach dem Abstimmungsdebakel erklärt. Die Scham für die Zahlen-Schlamperei hielt sich bei ihm angesichts der gewonnenen lukrativen Sendezeit allerdings in Grenzen: "Es hat auch ein Gutes, wir haben nun eine Sendung mehr."
Auch die Kandidaten überschlugen sich in Gelassenheit. "Ich fand die Entscheidung, die die Jury getroffen hat, sehr fair", erklärte Sara Engels und Marco Angelini war sich sicher: "Eine Show länger DSDS ist, glaub ich, für die Fans draußen auch ziemlich cool". Nur Zazou Mall schien sich mit der aufgeschobenen Abstimmung nicht abfinden zu wollen: "Wir wollen eine Entscheidung und ein Feedback von den Zuschauern".
Marco gegen Zazou
Alles also auf Anfang? Nicht ganz. Zuletzt hieß das Motto "Deutschland gegen England". Diesmal: "Europa gegen Amerika". Irgendein Motto musste schließlich sein, denn diese Show war nicht eingeplant. Genauso gut hätte es allerdings auch Schweiz gegen Österreich oder Marco gegen Zazou heißen können, denn darauf lief es wie schon beim letzten Mal hinaus. Denn die Anrufe, die in der vorigen Sendung bis zur Panne um 22.39 Uhr bei RTL eingegangen waren, wurden nun mitgewertet.
Auch diesmal war sich die Jury sicher: Einer von beiden muss gehen. Dabei machten die beiden immerhin einen soliden Job. Zazou Mall versuchte sich zunächst an Caro Emeralds "A Night Like This", das Bohlen umgehend wie schon letzte Woche als "schlimmes Gequake" brandmarkte. Shakiras Song "Waka Waka (This Time For Africa)" ist als nervtötendes Relikt der letzten WM schon kein Genuss, kaum besser allerdings der Kommentar des Oberjurors: "Das war Kacka Kacka."
Während sich Zazou mit Bohlens Liebesentzug abfinden musste, probierte es Marco Angelini zunächst mit weniger singen und dafür im heimischen Dialekt rappen: Klar, dass Falcos "Komissar" für den Österreicher ein Heimspiel war. Doch auch bei seinem "Use Somebody" von den Kings Of Leon blieb Bohlen bei seinem Urteil: "Du bist ein Arzt, der sehr gut singt, aber kein Superstar!"
Ladehemmung an der Sprüchefront
Die Konkurrenz war allerdings kaum besser. Während Ardian Bujupi bei "Glow" von Madcon die Töne nur sporadisch traf, strauchelte er in seiner Version von Aloe Blaccs "I Need A Dollar" lediglich beim Falsett. Als Schlaflied interpretierte Pietro Lombardi Gary Jules' "Mad World". Zuvor hatte er sein "Don't Worry Be Happy" des Amerikaners Bobby McFerrin entsprechend dem Showmotto kurzerhand nach Europa verlegt, indem er die unsägliche Version der niederländischen Bierzelttruppe Hermes House Band performte. Immerhin rettete der hohe "LaLaLa"-Anteil den textschwachen Karlsruher vor Aussetzern. Auch bei der Jury bemühte man sich zwanghaft um gute Laune: "Jesus hatte Anhänger - du hast Texthänger" (Bohlen). Ein Brüller.
Ähnlich schief wie Bohlens Metaphern geriet der Auftritt von Sarah Engels. Bevor sie in knappem Höschen Christina Aguileras "Hurt" sang, musste man sich bei jedem "Whooah!" am Sofa festhalten, um ihre Version von "Walking On Sunshine" von Katrina And The Waves durchzustehen. Dass nicht nur die RTL-Kameras während der Performance immer wieder unter ihren kurzen Rock schielten, zeigte sich im Urteil der männlichen Jury-Mehrheit: "Eine Leistung wie eine Briefmarke: zum Abschlecken" (Bohlen). Dagegen lautete der ausnahmsweise mal hilfreiche Verbesserungsvorschlag von Jurorin Fernanda Brandao zum Hüftschwung der 18-Jährigen: "Tippen, nicht Stampfen!"
Wahlweise als eine "Spitzenleistung", "große Klasse" oder schlicht "entzückend" empfand die Jury mal wieder die Leistungen von Sebastian Wurth, der zunächst mit Gitarre Milows "You And Me (In My Pocket)" zum Besten gab. Für seinen zweiten Auftritt schlüpfte der 16-Jährige offenbar in seinen noch nicht allzu alten Konfirmandenanzug, um "Hallelujah" von Leonard Cohen zu singen. Wem dabei noch nicht sakral genug zu Mute war, konnte im Hintergrund mit Engelsflügeln bekleidete Ballerinas bei ihren Tai-Chi-Übungen beobachten. "Mädchen mögen so was", urteilte Fachmann Bohlen, während seine Kollegin Fernanda Brandao mit den Tränen kämpfte: "wunderschön!"
Tränen gab es dann am Ende: Zazou Mall ist raus. "Hat's dir Spaß gemacht in Deutschland?", fragte der Moderator die schluchzende 26-Jährige, die sich immerhin zu einem tapferen Nicken durchringen konnte. Die Züricherin fährt nun heim ins Land der direkten Demokratie und der Bürgerentscheide. Immerhin kommen dort Unstimmigkeiten bei Wahlen nur äußerst selten vor.