Nach den heftigen Reaktionen auf seine umstrittene Satire über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat der ZDF-Moderator Jan Böhmermann seine nächste Sendung abgesagt. Die für Donnerstag geplante Ausgabe des "Neomagazin" falle aus, teilten Böhmermann und die Produktionsfirma btf am Dienstag auf der Facebook-Seite und der Webseite der Sendung mit. "Grund ist die massive Berichterstattung und der damit verbundene Fokus auf die Sendung und den Moderator."
Die Entscheidung sei "in Abstimmung" mit dem Sender ZDF getroffen worden. Das ZDF hatte die Sendung vom 31. März, in der der selbsternannte Satiriker Böhmermann ein umstrittenes Gedicht über Erdogan verliest, aus der Mediathek genommen. Sie genüge nicht den Ansprüchen des Senders, hieß es.
Böhmermanns Heimsender ZDF neo, Tochter des ZDF, reagierte auf Twitter auf die Verkündung: "Wir respektieren die Entscheidung der Produktionsfirma und Jan Böhmermanns und haben Verständnis für deren Begründung", heißt es von Seiten des Senders.
Böhmermann unter Polizeischutz
Böhmermann steht aktuell außerdem unter Polizeischutz. "Ein Streifenwagen steht vor der Tür", sagte ein Polizeisprecher am Dienstag in Köln. Man stehe auch mit anderen Sicherheitsbehörden im Kontakt. Zuvor habe es eine Beurteilung der Gefährdungslage gegeben. "Wenn man etwas nicht ausschließen kann, dann muss man etwas tun", sagte der Polizeisprecher. Zunächst hatte die "Bild"-Zeitung von der Maßnahme berichtet.
Nach Böhmermanns "Schmähgedicht" gehen außerdem immer mehr private Strafanzeigen gegen den Moderator bei der Staatsanwaltschaft Mainz ein. Die Zahl liege inzwischen in deutlich dreistelliger Höhe, teilte Oberstaatsanwalt Gerd Deutschler am Dienstag mit. Die Anzeigen richten sich gegen Böhmermann selbst oder auch gegen Verantwortliche des ZDF. Sie werden in einem Verfahren wegen des Verdachts der Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischen Staaten gebündelt.
Böhmermann hatte Erdogan vor knapp zwei Wochen in einem Gedicht, das er als "Schmähkritik" angekündigt hatte, mit Worten unter der Gürtellinie angegriffen. Die Bundesregierung prüft derzeit ein Ersuchen der türkischen Regierung, den Moderator wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Am Montag stellte Erdogan daneben auch persönlich Strafanzeige gegen Böhmermann wegen Beleidigung. Dieser Rechtsweg kann unabhängig von der Entscheidung der Bundesregierung beschritten werden. Mit dem Fall ist die Staatsanwaltschaft Mainz befasst.