Der schwere Unfall bei der ZDF-Show "Wetten, dass..?" ist nach Einschätzung des Medienexperten Jo Groebel keine Folge von Quotendruck. Natürlich werde jetzt spekuliert, ob das ZDF angesichts der Konkurrenz durch das RTL-Format "Das Supertalent" riskokofreudiger geworden sei, sagte Groebel am Sonntag. Erinnere man sich aber an die Geschichte der Sendung und an Shows in den 70er Jahren wie "Wünsch Dir was" oder "Spiel ohne Grenzen", sehe man, dass es schon immer gefährliche Einsätze gegeben habe - "und das alles vor dem Quotendruck".
"Das Fernsehen braucht das Spektakuläre", sagte Groebel. Mit dem Vorwurf, das ZDF habe fahrlässig gehandelt, wäre er sehr vorsichtig. Es sei auch immer die Frage, wieviel Eigenverantwortung ein Kandidat trage und wieviel Verantwortung ihm abgenommen werden müsse. Die Sendung abzubrechen, sei die richtige und einzig mögliche Reaktion gewesen, sagte Groebel. "Man kann nach so etwas nicht weitermachen." Auch Moderator Thomas Gottschalk habe richtig und professionell reagiert.
"Man musste die Sendung abbrechen"
Eine "sehr gute Reaktion" bescheinigte auch der Leiter des Grimme-Instituts, Uwe Kammann, dem ZDF: "Man musste die Sendung abbrechen." Dass der Sender den Unfall nicht noch einmal gezeigt habe, sei ebenfalls "absolut richtig" gewesen, um keinen "Voyeurismus anzuheizen", sagte Kammann weiter.
Ein "tiefgreifendes Trauma" bei den Zuschauern befürchtet Kammann deshalb nicht. Ein solcher Unfall gehöre durchaus "noch in den Bereich, den auch junge Zuschauer ertragen können", erklärte Kammann vor dem Hintergrund, dass der Sender auch die Behandlung des verunglückten Wettkandidaten Samuel Koch in der Show ausgeblendet hatte.
Grimme-Chef glaubt nicht an "Wetten, dass..?"-Aus
Wie es mit "Wetten, dass..?" weitergehe, werde auch davon abhängen, welche Folgen der Unfall letztlich für den Betroffenen habe, meint Groebel. Das ZDF werde jetzt vermutlich ganz intensiv darüber nachdenken, welche Wetten in Zukunft akzeptiert würden. Seine Prognose: "Solche Wetten wird es nicht mehr geben", sagte Groebel und verwies darauf, dass Wettkönig ohnehin meist jemand geworden sei, der eine skurrile, lustige Wette angeboten habe und nicht eine actionreiche.
Dass der Unfall das Ende der Sendung "Wetten, dass..?" bedeuten könnte, glaubt Kammann nicht. "Bei derart artistischen Wetten kann man ein gewisses Risiko nie ausschließen", sagte der Grimme-Chef. Dennoch sei "die Versuchsanlage" in diesem Fall schon "prekär" gewesen. "Hier hätte die Redaktion vielleicht im Vorfeld stärker bremsen müssen", sagte Kammann. Vermutlich werde man in Zukunft "im Sinne einer Fürsorgepflicht die Risikogrenzen enger ziehen".
Groebel sagte, er schätze Gottschalk als Moderator mit Lebenserfahrung und Verantwortungsgefühl. Dies habe er auch in dem Moment nach dem Unfall bewiesen. Vorausgesetzt, der Unfall finde ein glimpfliches Ende, gehe er davon aus, dass Gottschalk die Show weiter moderieren werde. Er sei nicht der Typ, der aussteige, wenn es Probleme gebe. "Es ist schwieriger, in so einer Situation weiterzumachen", sagte er und fügte hinzu: "Aussteigen ist einfach."