Die Ermittler halten mit ihrem Auto in einem vornehmen Wohnviertel Bremens. Obwohl es herbstlich kühl ist, verwandeln Lampen das Wohnhaus der Kommissarin in einen schwülen Sommertag. Der im Spätsommer 2004 in Bremen gedrehte "Tatort" mit dem Titel "Sheherazade" weckt Erinnerungen an die Terroranschläge auf die USA am 11. September 2001. Gleichzeitig läuft der Krimi zu einem ganz besonderen Jubiläum: Er ist gleichzeitig der 600. ARD-"Tatort".
"Als Ermittlerin ist mir lange Zeit nicht klar, ob das Ganze eine politische Geschichte mit Geheimdiensten ist oder ob es um Dealer und Drogen geht", sagt Sabine Postel, seit 1997 Bremer "Tatort"- Kommissarin. Die Story: Die Kommissarin kennt Dealerin Manu von früheren Fahndungen im Drogenmilieu. In Anspielung auf die berühmte Märchenerzählerin aus "Tausendundeiner Nacht" wird der Krimi "Sheherazade" genannt. Als diese junge Frau die abenteuerliche Geschichte von ihrem toten Freund und dessen Verwicklung in den Terror rund um den 11. September erzählt, zweifelt die Kommissarin.
Unprofessionelles Verhalten
Ihr Kollege Nils Stedefreund hingegen ist fasziniert. "Sie ist zart und besitzt zugleich eine mörderische Energie", betont Stedefreund-Darsteller Oliver Mommsen mit Blick auf die Figur der Manu. Aus einem Helferinstinkt heraus müsse er diese Frau einfach in den Arm nehmen, auch wenn das für ihn als Ermittler ziemlich unprofessionell sei. Bei dieser "Tatort"-Folge komme es deshalb immer wieder zu Streitigkeiten zwischen ihm und seiner Chefin.
Manu-Darstellerin Esther Zimmering bezeichnet ihre Rolle als "Gratwanderung zwischen Wahrheit und Nicht-Wahrheit". Um die Einsamkeit dieser Figur zu verstehen, hat sie eigens in der Justizvollzugsanstalt Lichtenberg in Berlin recherchiert. "Vor allem hat mich die schnelle Sprache beeindruckt. Wie Gewehrsalven schießt sie aus den Jugendlichen heraus - vielleicht, weil ihnen die Auseinandersetzung mit der Gruppe fehlt", berichtet die 28-Jährige. Solche Beobachtungen lasse sie bei ihrer Rolle einfließen.
"Shanghai in Bremen"
Drehbauchautor Christian Jeltsch ist sich sicher, dass sein "Tatort" anecken wird. Bei diesem Krimi konzentriere er sich auf Menschen, die davon überzeugt seien, dass die USA von Anfang an mehr von den Terroranschlägen wussten, als sie zugeben. "Ich bin sehr dankbar, dass ich auch mal politisch unkorrekt denken durfte", sagt der 46-jährige Autor. Passend zu Manus emotionaler Sicht auf die Weltpolitik haben die Regisseure "Sheherazade" in der Hitze eines Hochsommers angesiedelt. "Wir machen Shanghai in Bremen, schwül, drückend, mit diffusem Licht und schwitzenden Menschen", betont Regisseurin Claudia Prietzel.
Doch so ganz spielte das norddeutsche Wetter nicht mit. Sabine Postel zog sich nach den Außendrehs regelmäßig einen Daunenmantel an. In Bremen war es zu dieser Zeit längst nicht mehr so heiß, wie es im "Tatort" scheint.