TV-Kritik "Let's Dance" Viel hilft viel

  • von Sophie Lübbert
Halbfinale bei "Let's Dance"! Und endlich geht's nur um das eine: Tanzen. Da stört es nicht mal, dass ein Kandidat den Hüftschwung einer Betonmauer hat.

Paul Janke ist ein tapferer Mann. Er tut Dinge, obwohl er weiß, dass sie sinnlos sind. Zum Beispiel: eine Samba tanzen. Er zählt den Takt, dann hüpft er los. Mal nach links, mal nach rechts, dann im Kreis. Schließlich hebt er beide Arme, dreht sich ein paar Mal um sich selbst und bleibt stehen. Außer Atem, abgekämpft, ausgepumpt. Dann sagt er mit einem eher gequälten Grinsen: "Die Lateintänze sind eventuell nicht meins". Ja, eventuell. Oder sogar ziemlich sicher; der Hüftschwung sah eher betoniert denn brasilianisch aus. Aber Paul ist ja heute Abend auch nicht da, um gut zu tanzen. Sondern, um auszuscheiden.

Es ist Halbfinale bei "Let's Dance". Theoretisch bedeutet das: drei Promi-Kandidaten sind noch da und tanzen um den Einzug ins Finale. Praktisch jedoch sieht das Ganze etwas anders aus. Praktisch sind nur noch zwei dabei. "Bachelor" Paul Janke steht zwar auch noch im TV-Studio herum, aber das nur zur Zierde.

Vorhersehbar - aber unterhaltsam

Selten war ein Halbfinale so vorhersehbar wie in dieser sechsten Staffel der RTL-Tanzshow - es steht eigentlich schon am Anfang fest, dass Paul am Ende gehen muss. Die anderen beiden Kandidaten, Soap-Star Sila Sahin und Schauspieler Manuel Cortez, sind tänzerisch zu gut. Das wissen alle; die Jury, die Moderatoren, die Profi-Tänzer, die Prominenten, das Publikum. Das Halbfinale besteht also nur noch darin, das Offensichtliche zu überspielen. Erstaunlicherweise lässt das die Sendung aber nicht langweilig, dröge oder öde werden - sondern zu einer der besten "Let's Dance"-Ausgaben überhaupt.

Denn RTL hat sich ein gutes Konzept ausgedacht, das darüber hinwegtäuscht, dass die Spannung in diesem Halbfinale gleich Null ist. Es lautet: viel hilft viel. Und zwar ausschließlich: viel Tanzen! Endlich gibt's keine intimen Geständnisse, unlustigen Zoten oder grenzdebilen Fremdschäm-Interviews (hallo, Sylvie van der Vaart!), wie sie bisher so oft vorgekommen sind. Endlich geht es nur noch ums Tanzen.

Gleich drei Mal müssen die Kandidaten an diesem Abend aufs Parkett: Mit je zwei Einzel-Vorstellungen und dazu noch einer Tanz-"Battle", in der sie direkt (zur gleichen Zeit, mit der gleichen Cha-Cha-Cha-Choreographie, zur gleichen Musik) gegeneinander antreten. Die individuellen Tänze sind, das muss man ehrlich zugeben, herausragend. Sila Sahin und Manuel Cortez bewegen sich dermaßen gut, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Da macht es endlich Spaß, zuzuschauen - egal, ob Langsamer Walzer, Paso Doble oder Samba, es ist jedes Mal, als beobachte man einen Profi-Tänzer bei der Arbeit.

Nicht-So-Richtig-Tänzer Paul Janke

Paul Janke fällt dagegen zwar sehr ab, aber glücklicherweise nicht allzu negativ auf, denn RTL lässt ihn zwischen Sahin und Cortez tanzen und zwischen den beiden mit ihren perfekten Performances geht dann alles andere unter. Außerdem: Ist ja eh klar, dass Paul bald weg ist, warum sollte man ihm dann nicht noch einen letzten Auftritt gönnen?

Das sieht wohl auch das Jury-Team so. Die Juroren sind an diesem Abend angenehm zurückhaltend. Zwar gibt's immer noch den ein oder anderen plumpen Witz. Aber im Großen und Ganzen wirken alle drei eher freundlich, herzlich und kompetent. Sogar Jorge, der wandelnde Glitzer-Ganzkörperanzug, hält sich zurück und gibt verständliche, kluge Kommentare ab. Und so bekommt auch der Nicht-So-Richtig-Tänzer Paul Janke ein freundliches Lob ab ("Ich freue mich, dass Du im Halbfinale bist. Das ist ein großer Erfolg"). Die Bewertungen sind an diesem Abend eben nicht mehr so wichtig. Denn: Das Halbfinale verlängert nur die Zeit bis zum Finale, aber spannend - nein, das ist es nicht mehr.

Trotzdem muss Janke noch über zwei Stunden ausharren, bis er endlich rausgewählt wird. Zum Glück. Denn das sind zwei Stunden, die mit tollen Tänzen, dem Auftritt von Jurorin Motsi Mabuse und einem gut aufgelegten Moderator Daniel Hartwich schnell und unterhaltsam vorbei gehen. Und als dann endlich die Entscheidung ansteht und Paul gehen darf, da wirkt er auch nicht allzu traurig. Wieso auch? Immerhin hat er gerade an einer sehr guten, sehr unterhaltsamen Sendung teilgenommen. Und man soll ja bekanntlich gehen, wenn's am schönsten ist.

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