Alfred Biolek ist am Freitagmorgen in Köln im Alter von 87 Jahren gestorben. In unserer Serie "Momente der TV-Geschichte" erinnern wir an einen denkwürdigen Moment in seiner Sendung "Boulevard Bio".
"Hofschranze Biolek" ätzt die "Frankfurter Rundschau". Die "Süddeutsche Zeitung" spricht von einem Talkmaster, der "verkrampft in einer Ecke seines Stuhls" saß. "'Bio' war der Wortgewalt des Kanzlers nicht gewachsen", konstatiert die "Bunte". Der "Spiegel" glaubt, dass Kohl "den verschüchterten Talkmaster Alfred Biolek an die Wand charmierte". Und selbst die konservative "Frankfurter Allgemeine Zeitung" spricht von einem Moderator, der "dem Kanzler verzückt zu Füßen" lag.
Am 11. September 1996 ist der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl bei Alfred Biolek zu Gast. Es ist das erste Mal, dass Kohl in einer Unterhaltungssendung auftritt. Anders als sein Nachfolger Gerhard Schröder, der "Wetten, dass ..?" gleich mehrfach Besuche abstattet, legt der Kanzler der Einheit nie Wert auf die Teilnahme an Shows. Jahrelang habe man ihn eingeladen, heißt es aus der Redaktion von "Boulevard Bio", immer wieder habe er abgesagt. Jetzt sitzt er da, der leibhaftige Kanzler.
Kohl lacht bei Alfred Biolek über seine eigenen Witze
Helmut Kohl privat – das ist das Ziel des erfahrenen Moderators und Talkmasters Alfred Biolek. Er will eine entspannte Atmosphäre herstellen, um den Kanzler dazu zu verleiten, ein paar Anekdötchen zu erzählen. Hart nachfragen - das ist gar nicht das Ziel Bios. So kommt es, dass Kohl über Saunabesuche mit Politikfreunden plaudert, über Hasenzucht und über das Rezept für den besten Karamellpudding der Welt, mit 18 Eiern nämlich. Eine Stunde lang geht das so. Biolek fragt, Kohl parliert – und lacht über seine eigenen Scherze.
Das Interview hat Unterhaltungswert. So gelöst hat man den sonst streitlustigen Kohl selten erlebt. Über zweieinhalb Millionen Zuschauer schalten ein. Ein Erfolg. Doch bereits am Tag danach bricht über Biolek ein Sturm der Entrüstung los. Er sei dem Kanzler nicht gewachsen und hoffnungslos überfordert gewesen, wird ihm vorgeworfen. Von Hofberichterstattung ist die Rede, vom Skandal-Interview des Jahres. Kohl sei jetzt, da ihm die Medien zu Füßen lägen und er freimütig über Privates sprechen könne, endgültig der "König von Deutschland".
Biolek steht über der Kritik
Zwei Jahre vor der Bundestagswahl herrscht in Deutschland Kohl-Müdigkeit. 14 Jahre sitzt der Pfälzer bereits im Kanzleramt. Ein Interview, bei dem er nicht kritisch angegangen wird – und Gründe gibt es dafür viele – gilt als Versagen. Das bekommt Biolek zu spüren.
Die Kritiker hätten ihn in der Luft zerrissen, sagt Biolek später. Doch da habe er darüber gestanden. "Ein Journalist bin ich nie gewesen, sondern immer ein Gastgeber", erklärt Biolek 2018 im Interview mit dem stern - 22 Jahre nach dem Kohl-Gespräch. Es sei nicht sein Anliegen gewesen, Kohl auseinanderzunehmen, sondern ihn als Privatperson vorzustellen. Er sei sich treu geblieben.