An der Tallahassee Classical School war die weltberühmte "David"-Statue von Michelangelo Teil des Kunstunterrichts. Eltern beschwerten sich, den Sechstklässlern sei "Pornographie" gezeigt worden. Die Direktorin musste kündigen – doch zu ihrem Unterricht steht sie.
Porno-Vorwürfe US-Schuldirektorin sagt nach Eklat um Michelangelos "David": "Ich bereue nichts"

Michelangelos "David" gehört zu den berühmtesten Kunstwerken der Welt. Millionen Menschen strömen jährlich nach Florenz, um die Marmorskulptur zu bestaunen. Ein Kunstgenuss, den eine Schule im US-Bundesstaat Florida auch ihren Sechstklässlern ermöglichen wollte. Doch das Bild des nackten David löste nicht nur Begeisterung aus. Einige Eltern beschwerten sich, ihren Kindern sei "Pornographie" gezeigt worden. Die Direktorin der Tallahassee Classical School, Hope Carrasquilla, musste gehen. Der Vorstand der Privatschule bot ihr demnach an, selber zu kündigen oder entlassen zu werden. Einen offiziellen Kommentar der Schule gab es dazu zunächst nicht. Hope Carrasquilla, Ex-Leiterin der Tallahassee Classical School "Ich bedaure überhaupt nicht, dass unsere Schüler das gesehen haben. Auf jeden Fall. Ich meine, sie müssen etwas über diese berühmten Meisterwerke lernen. Und es war wirklich nie Teil der Diskussion, ob sie etwas über die Renaissance lernen sollten oder nicht. Die letzte Woche war sie verrückt. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass so etwas jemals passieren würde." Dabei hatte sie an einer anderen Schule schon erlebt, dass Eltern Bedenken wegen Nacktdarstellungen in der Kunst hatten. Im vergangenen Jahr schrieb sie daher einen Brief an die Eltern, um sie vorzuwarnen. "Wir hatten geplant, dieses Schreiben auch in diesem Jahr zu verschicken, aber durch einige organisatorische Pannen und Abläufe, die leider passiert sind, wurden die Eltern nicht rechtzeitig informiert. Und hier kam dann die Angst zum Tragen, weil wir sie nicht informiert haben." Carrasquilla zeigt sich aber auch besorgt, dass das Thema Bildung immer mehr zur politischen Polarisierung missbraucht werde. Umso wichtiger sei eine klassische Bildung. "Das ist eine wichtige Komponente, und deshalb mussten sich die Schüler auch die komplette David-Statue ansehen. Sie sollen sich die Originalquelle ansehen, um ihre eigenen Ideen zu den Dingen formulieren zu können. Und ich meine, genau das ist es, was unsere Gesellschaft jetzt braucht: Menschen, die in der Lage sind, ein Gespräch zu führen, wir können einen zivilen Diskurs miteinander führen, mit Integrität und Respekt." In Florida kämpfen die Republikaner schon seit längerem dafür, dass Eltern ein größeres Mitspracherecht darüber haben, was ihre Kinder in der Schule lernen. Im vergangenen Jahr unterzeichnete Floridas Gouverneur Ron DeSantis ein umstrittenes Gesetz, das Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität in Kindergärten und Grundschulen verbietet. Auch Lehrinhalte über Rassismus stehen unter Beschuss. Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen, bei denen auch der erzkonservative DeSantis als möglicher Kandidat gilt, dürfte dieser Kulturkampf noch an Schärfe gewinnen.