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Welpentreffen Familienzusammenführung: Acht Geschwistertiere treffen sich drei Jahre nach ihrer Geburt erneut

Sieben Hunde auf jeweils einer Weinkiste
Das Posieren fürs Foto der acht (ehemaligen) Hundewelpen klappt schon richtig gut
© Sabine Braun
Vor etwas mehr als drei Jahren mussten sich Sabine und Harald Braun von acht Welpen trennen, die ihre Hündin Klärchen geworfen hatte. Was ist aus ihnen geworden? Bereuen sie, keinen behalten zu haben? Fragen, die sich bei einem Welpentreffen klären lassen.
Von Harald Braun

Ich sag’s besser gleich: Ein Problemhund ist ja immer dabei. Auch in unserem Garten. Normal. Doch wer glaubt, dass der bullige Brummer Pep gemeint ist, der mit seinen Leuten und sogar mit seiner "Patentante" aus der Eifel angereist ist, liegt falsch. Ganz falsch. Obwohl er natürlich hauptverdächtig ist. Wie uns eine kundige Informantin vor Monaten zutrug, zeigt sich der Beau, der bereits am Tag seiner Geburt ungefähr das Doppelte seiner Geschwister auf die Waage brachte, hin und wieder zickig, wenn er auf Artgenossen trifft.

Nicht an diesem Tag. Er schlurft zwar so lässig in den Garten wie ein Preisboxer in den Ring – stolze Miene, wiegender Gang, Motto: Platz da, hier kommt der Chef! –, doch Pep kläfft nicht, Pep zieht nicht an der Leine. Pep schaut nur ein bisschen überrumpelt, als er seine endgültige Parkposition erreicht hat. Schließlich sind sechs seiner Geschwister schon vor ihm eingetroffen. Und die hat er seit mehr als drei Jahren nicht mehr gesehen. Auf so viel Sippschaft war Pep nicht eingestellt. Ein wenig unsicher bleibt er auf Abstand und legt den Kopf schief: Wer sind diese Leute? Wo bin ich hier gelandet?

Gute Frage, schnelle Antwort: Das hier ist das Klärbärchen-Welpentreffen in unserem schleswig-holsteinischen Garten. Jenem Ort, an dem wir die sieben Magyar Vizslas, die sich inzwischen zu ausgewachsenen und, wie wir finden, prächtigen Hunden entwickelt haben, noch einmal zusammentrommeln. Warum? Na ja, es sind doch unsere kleinen Schätze?! Und wir müssen schließlich sehen, wie sie sich gemacht haben.

Kurze Rückblende

Meine Frau wäre so gern eine verrückte Katzenfrau geworden. Bloß mit Hunden. Am liebsten hätte sie keinen der acht Welpen, die unsere Magyar-Vizsla-Hündin Klärchen in den letzten Dezembertagen 2016 auf die Welt gebracht hatte, wieder abgegeben. War natürlich keine Option. Wir leben zwar auf dem Land und hätten uns mit dann neun Hunden eine gewisse Zeit vor der Außenwelt verschanzen können. Doch der Preis – soziale Ächtung, finanzielles Burnout, schwindende Tagesfreizeit – erschien selbst ihr zu hoch. Nicht mal einen der acht wunderbaren Geschöpfe, die wir drei Monate lang auf ihren ersten Schritten in das Leben begleiteten, haben wir am Ende behalten können.

Eine Frage der Verantwortung. Wir sind selbstständig und viel unterwegs und es ist ja schon problematisch genug, allein für Klärchen ein schönes Ersatzzuhause zu finden, wenn wir mal wieder auf Reisen sind. Mit zwei Hunden und mehr hätten wir unsere Jobs gleich aufgeben können. So erlebten wir an einem Wochenende im März 2017 unser persönliches Armageddon. Unsere kleinen Schätze verließen das Elternhaus. Jeden einzelnen der schon recht lebhaften Dölmer nahmen wir auf den Arm, um auf einer Bank im Garten Abschied zu nehmen. Wir wünschten ihnen ein schönes Leben, küssten und knufften sie, bis sie schon ganz unruhig wurden, anschließend brachten wir sie an unser Gartentor, wo die auserkorenen Familien bereits mit laufendem Motor auf ihre neuen Mitbewohner warteten. Schließlich gingen wir zurück ins Haus, meine Gattin und ich, Arm in Arm, und heulten ein paar Minuten. Acht Mal. Es dauerte ein paar Wochen, bis wir uns nicht mehr täglich fragten, ob es den kleinen, im ganzen Land verstreuten Wischels wohl gut geht und wir bei der Auswahl ihrer Menschen auch alles richtig gemacht hatten.

Dabei stalkten wir diese Leute doch in unserer Whatsapp-Gruppe und wussten im Grunde durch Berichte und Fotos, dass wir uns überhaupt keine Sorgen zu machen brauchten. Wir sind ein bisschen stolz darauf, dass wir in den vergangenen drei Jahren zu keinem der acht Klärbärchen den Kontakt verloren haben. Hin und wieder treffen wir auch mal einen von ihnen. So haben wir Pauline erst vor ein paar Monaten in ihrer Heimat in der Nähe von Aachen besucht und uns vor Ort darüber gefreut, dass der kleine Drahthaar-Puschel zusammen mit seinem Glatthaar-Wischel-Bruder Pete ein überwiegend ungebundenes Leben in einem riesigen Garten genießt. Das ist gerade bei ihr gut zu wissen, denn Pauline ist die einzige der acht Welpen aus Klärchens Wurf, die heute bei unserem Treffen leider nicht dabei sein kann. Alle anderen sieben sind gekommen. Alle! 

Von Almhütten bis zur Reeperbahn

Pep musste dafür den weitesten Weg aus der Eifel auf sich nehmen. Er ist neben Fine einer der beiden Glatthaar-Wischel, die nicht nach ihrem schicken Drahthaar-Daddy, sondern eher nach ihrer eleganten Mutti Klärchen geraten sind. Fine wiederum lebt ebenso wie Cenzo ganz in der Nähe unseres Dorfs in Schleswig-Holstein, ein zartes, im Angesicht der Geschwister erst vorsichtiges, dann stetig selbstsicheres Geschöpf, das sich wie Pauline das Zuhause mit einem Artgenossen teilt. Apropos Cenzo, den Hallodri sehen wir regelmäßig und lieben den struppigen Kerl wie unseren eigenen Hund. Cenzo wiederum liebt Mutti Klärchen bedingungslos und weicht ihr nicht von der Seite. Das passt prima, denn beinahe jedes Mal, wenn wir verreisen, darf Klärchen zu Cenzo in die Ferien. Umgekehrt zieht Cenzo zu uns, wenn seine Familie unterwegs ist. Es ist ein Glück, dass die beiden so nah beieinander leben. An diesem Nachmittag in unserem Garten aber haben Cenzo und sein Bruder Theo aus dem Sauerland ein Problem: Die schicke Nike aus der Nähe von Hannover, die mit ihrer vierköpfigen Familie als Verstärkung angereist ist, duftet so ungemein gut, dass die beiden Rüden sich kaum beruhigen können. Klarer Fall von Blitzverliebtheit. Nike flüchtet sich vor der Charmeoffensive des Duos hinter ihre Leute, was Cenzo und Theo so gar nicht verstehen können. Cenzo vergräbt den Kopf unter beide Pfoten und zittert vor Entrüstung, Theo muss sogar ein wenig abseits des Geschehens abgeführt werden. Er ist der Erstgeborene der Sippe und auch der mit dem längsten, dem struppigsten Fell. Was ihm wunderbar steht, damit hier kein Missverständnis entsteht, von Weitem sieht er aus wie ein stattlicher Mix aus Alf und ungekämmtem Catweazle. Er ist auch der Globetrotter der Sippschaft: Auf den meisten Fotos, die uns erreichen, grüßt er lässig aus Südtiroler Almhütten.  

Auf einer Bank unter dem Logo eines Tierschutzvereins sitzt Joe Biden und hat einen Schäferhund vor sich sitzen

Fehlen noch Resi und Norbert, die man schon auf den ersten Blick als Geschwister identifiziert und die sich hin und wieder treffen. Familie halt. Resi als Zentralhamburgerin ist der einzige Stadthund hier. Ihre Leute mussten uns vor drei Jahren hoch und heilig versprechen, die schon in frühesten Welpentagen tiefenentspannte Resi trotz urbaner Basis mit allen Facetten der Natur vertraut zu machen. Das hat geklappt, Fotos von Resi erreichen uns von einsamen Gewässern und aus tiefen Wäldern. Gut, hin und wieder auch aus coolen Reeperbahn-Kaschemmen, aber ihr scheint das abwechslungsreiche Leben zwischen Großstadttrubel und Naturerlebnissen zu gefallen: Selten haben wir einen Hund mit solch gechilltem Gemüt erlebt. Resi bringt (beinahe) nichts aus der Ruhe. Was aber auch für Norbert gilt, den „Streber“ unserer Hundefamilie. Norbert ist vom ersten Tag seines Lebens an ein lernwilliger, höchst motivierter Rüde, der schon selbst ein Pferd führen kann (kein Witz!), im Haushalt hilft und vermutlich bald die Steuererklärung seiner Halterin erledigt, wenn das so weitergeht. Natürlich gewinnt Norbert auch die kleine Rallye, die wir in unserem Garten respektive auf den angrenzenden Feldern und Wiesen organisiert haben. Die Teams müssen dabei spielerisch praktische und theoretische Aufgaben lösen. Nicht aufmucken, wenn ihnen eine verdächtige Person mit Hut und einem weiten, schwarzen Mantel begegnet. Ruhig bleiben, wenn ihre Leute neben ihnen zwei Esel mit Möhren verwöhnen. Auf ein Golfcart springen, das ihnen auf einem kleinen Stichweg entgegenkommt, und ein paar Meter mitfahren. (Golfcart? Ja, aber das ist eine andere Geschichte.) Man erkennt gleich: Meine Gattin hat das Klärbärchen-Treffen unter Einbeziehung der gesamten Nachbarschaft straff organisiert, es ist ihr persönlicher G-8-Gipfel. "Es sind doch unsere Enkel-Schätze", sagt sie lächelnd. 

Treffen der Hundewelpen ist ein voller Erfolg

Ich bin nicht sicher, ob sie das ernst meint. Aber es stimmt ja irgendwie: Auch wenn wir Klärchen im Prinzip nicht freiwillig, sondern aus Unachtsamkeit zur achtfachen Mutter machten, so fühlen wir uns doch irgendwie verantwortlich für die acht kleinen Knöpfe, die aus ihrer Zufallsbekanntschaft zu einem schmucken Drahthaarrüden entstanden sind. Wir hoffen beide, dass unser nicht nachlassendes Interesse und unsere ständigen Nachfragen bei unseren Hundefamilien nicht manchmal etwas übergriffig wirken. Falls doch: Sorry. Wird sich vermutlich nicht ändern. Aber es ist doch auch wirklich so schön zu sehen, wie die ganze haarige Meute nach ein, zwei Stunden des vorsichtigen Abtastens ganz entspannt in unserem Garten campiert, wie sich alle miteinander beschäftigten oder auch nur fröhlich-friedlich dösen. Die Wassereimer, die wir vorsorglich gefüllt haben, um zeternde Rüden auseinanderzutreiben, können wir getrost ins Beet ausgießen. Es bleibt friedlich, selbst zwischen Cenzo und Theo, obwohl sich doch beide um dieselbe Dame bewerben. Doch, es ist keine Übertreibung: Wir lieben jeden einzelnen unserer "Hundeenkel" und hoffen, dass wir auch in drei, sechs oder neun Jahren noch einen Anlass finden, uns wieder alle zu versammeln. Nach der kleinen Siegerehrung – Cenzo und Resi dürfen sich hinter Norbert einreihen – wollen wir noch ein Gruppenfoto machen.

Brav lassen sich die Hunde aufstellen, kaum irritiert von der großen Kamera, die auf sie gerichtet wird. Nur einer aus der Hundebande ist wieder störrisch, muss erst mal gesucht werden, will dann nicht aufs Bild, weist die arme Fine im Vorbeigehen zurecht, knurrt den verdutzten Pep an, kurz: benimmt sich mal wieder wie die Axt im Wald. Ich sag’s ja. Ein Problemhund ist immer dabei. Ein bisschen peinlich, dass es ausgerechnet unserer ist: Klärchen!!!

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