Das Letzte, was man von Robert Pattinson sieht, ist sein straßenköterblonder, strubbeliger Schopf. Dann ist er verschwunden. In einem Meer aus Leibern, Armen und Händen. Das passiert dem jungen Briten momentan ständig. Ganz gleich, wo Pattinson auftaucht, Filmpremieren, Autogrammstunden, Fernsehauftritte, er wird stets belagert von einer Horde schreiender, zumeist weiblicher Fans im Teenager-Alter. Von München über London bis nach Toronto, der 22-jährige Nachwuchsschauspieler sorgt für Kreischkonzerte und tumultartige Aufläufe.
Schuld daran ist diese Filmrolle. In "Twilight - Bis(s) zum Morgengrauen" spielt Pattinson den verliebten Vampir Edward Cullen. Hübsch anzusehen, aber sonst ziemlich harmlos. Als bekannt wurde, dass Pattinson die Hauptrolle in der Verfilmung von Stephenie Meyers Erfolgsroman übernehmen soll, hat es sogar Proteste gehagelt. Die mehrheitlich jugendliche Fangemeinde rief in Internet-Blogs zum Boykott, startete eine Petition gegen Pattinson. 75.000 Leute unterzeichneten das Schreiben. So versuchten sie Pattinson, der außer einer Nebenrolle in "Harry Potter und der Feuerkelch" kaum Schauspielerfahrung aufweisen kann, von der Besetzungscouch zu schubsen. Der Brite sei für die Rolle des Edward Cullen schlichtweg nicht schön genug, so die allgemeine Begründung für die Pattinson-Proteste.
Die Einwände waren vergebens. Regisseurin Catherine Hardwicke inszenierte den 22-Jährigen als Vampir Edward, und plötzlich sind alle verrückt nach dem blassen Briten. Der Junge, den niemand sehen wollte, ist nun Everybody's Darling. Ein gern gesehener Talkshow-Gast. In den USA, wo "Twilight" bisher rund 289 Millionen Dollar einspielte und damit sogar den neuen James-Bond-Film überholte, steht Pattinson ganz oben auf der Gästeliste: ein Plausch bei Jay Leno, ein Besuch bei Tyra Banks, eine Stippvisite bei MTV. Unter den Teenies ist Pattinson drauf und dran seinem aalglatten Kollegen Zac Efron den Rang abzulaufen.
Denn im Gegensatz zum Disney-Produkt Efron verkörpert Pattinson in erster Linie eines: Sex. Das amerikanische "People"-Magazin wählte Pattinson jüngst auf Platz 13 der "Sexiest Men Alive", englische Medien feiern ihn als neuen Jude Law, das "Rolling Stone Magazine" kürte ihn zum heißesten Schauspieler des Jahres. Der Brite wird als neues Sexsymbol gefeiert und das, obwohl das Keuschheitstraktat "Twilight" fast ohne körperliche Nähe auskommt - den ersten zaghaften Kuss gibt es nach 75 Minuten. Angesprochen auf sein Äußeres, wird Pattinson fast verlegen. Er und ein Sexsymbol? Da kann er nur lachen. "Ich finde mein Gesicht zu flach und meinen Kopf zu groß", urteilt er selbstkritisch. Dabei ist es gerade sein Gesicht, das fasziniert: markantes Kinn, stechend blaue Augen, buschige Augenbrauen und zu alledem das verwuschelte Haar, so als sei er gerade den Laken entstiegen.
Robert Pattinson ist die perfekte Wahl für alle, denen Zac Efron zu steif und Pete Doherty zu stoned ist. Denn ein bisschen böser Bube möchte Pattinson auch sein. Während Efron sein Sauberimage hegt und pflegt, pfeift Pattinson auf die Anweisungen seines PR-Agenten und zieht rauchend und trinkend durch die Clubs von Los Angeles. Er versucht sich an dem Rockerleben, das er so gern geführt hätte. Wären da nicht seine beiden großen Schwestern Elizabeth und Victoria gewesen, die ihm die Tour vermasselten. "Robert, du kannst nicht singen", lautete das ebenso einfache wie vernichtende Urteil. Als 14-Jähriger hatte sich Pattinson als Sänger eines Rap-Trios versucht. Er, der schnieke Schüler eines Privatgymnasiums, wollte singen und tanzen wie die Jungs von der Straße. Bis heute liebt er Rap-Musik, nennt den Sänger Jay-Z sein "Idol". Immerhin, die von Pattinson gesungene Ballade "Never Think" hat es sogar auf den Soundtrack von "Twilight" geschafft.
Noch perlt der Rummel um seine Person an ihm am. Auf Äußerlichkeiten lege er keinen Wert, behauptet Pattinson. Der alte BMW, den er fährt, tut's noch, Kleidung kauft er im Second-Hand-Laden, und wer braucht schon einen festen Wohnsitz, wenn man zwischen Hotels und der elterlichen Bleibe im Londoner Edel-Vorort Barnes pendeln kann. Vielleicht überdenkt er das alles noch mal, wenn im März die Dreharbeiten für die Fortsetzung von "Twilight" beginnen. Zwölf Millionen Dollar wird er dafür kassieren, behauptet die Tageszeitung "Chicago Sun Times". Alles gelogen, behauptet Pattinson. Aber den Rummel um seine Person will er ja auch nicht wahrhaben.