Bergsteiger Thomas Huber "Laura wird am Berg wohl für immer ihre letzte Ruhe finden"

Laura Dahlmeier
Die ehemalige Biathlon-Weltmeisterin Laura Dahlmeier widmete sich nach ihrem Karriereende ganz ihrer Leidenschaft – dem Bergsteigen
© Matthias Balk / DPA
Vor drei Monaten stürzte Laura Dahlmeier in den Tod. Bergsteiger Thomas Huber war einer der Ersten vor Ort. Was ihm durch den Kopf ging und warum er weiter Gipfel stürmt, verrät er im SZ-Interview.

Der Tod der 31-jährigen Extremkletterin Laura Dahlmeier erschütterte im Sommer das ganze Land. Die zweifache Biathlon-Olympiasiegerin und siebenfache Weltmeisterin war mit einer Partnerin am Laila Peak im pakistanischen Karakorum-Gebirge unterwegs, als sie in 5700 Metern Höhe von einem Steinschlag getroffen – und sie in den Tod riss.

Ihr Freund und Klettergefährte Thomas Huber, einer der erfahrensten und bekanntesten Bergsteiger Deutschlands, war damals einer der ersten vor Ort. Der 58-Jährige hat in seiner Karriere schon viel gesehen, ist selbst mehrmals abgestürzt. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) erinnert er sich an die dramatischen Stunden und Wochen nach dem Sturz seiner Freundin.

Laura Dahlmeier wird am Berg "wohl für immer ihre letzte Ruhe finden"

An diesem 28. Juli sei Huber selbst auf einer Expedition in Pakistan gewesen, um 10 Uhr vormittags habe er die Hiobsbotschaft erhalten. Zunächst habe es noch geheißen, seine Freundin sei schwer verletzt. 

Dass er selbst schon einige Male mit Dahlmeier unterwegs war, in Frankreich und im bayerischen Berchtesgaden, habe keine Rolle gespielt. In der Szene gebe es ein "ungeschriebenes Gesetz […], dass man anderen hilft, wenn sie in Not geraten sind, egal, ob man sie kennt oder nicht", sagt er der SZ. Sofort sei klar gewesen, dass er alles daran setzen werde, Dahlmeier zu retten – vergeblich, wie sich bald herausstellte. Nachdem sie mit dem Helikopter einige Male um die Unglücksstelle geflogen waren, "haben wir ziemlich schnell erkennen müssen, dass für Laura jede Hilfe zu spät kam", so Huber. 

Dahlmeier hatte vorab verfügt, dass in einem solchen Fall ihre Leiche nicht geborgen werden sollte, falls sich dabei Sucher in Lebensgefahr brächten. Als die Wetterbedingungen einige Wochen später günstiger waren, reiste Huber auf Wunsch von Dahlmeiers Eltern erneut zum Laila Peak. Auch diesmal ohne Erfolg – "und so wird Laura am Berg wohl für immer ihre letzte Ruhe finden", sagt Huber der SZ.

Zurück in seinem Basislager habe er dann endlich trauern, endlich weinen können, erinnert sich 58-Jährige. "Ich habe die Stille gebraucht", sagt er.

Extremsport Bergsteigen – für Thomas Huber "ist es lebensbejahend"

Dass Dahlmeiers Tod so viel Anteilnahme in der Heimat hervorrief, erklärt sich Huber vor allem dadurch, dass sie "ein unfassbar sympathischer Mensch mit sehr viel Herz" war, der mit einem Lächeln das ganze Land mitgenommen habe.

Die anschließende Debatte über die Sinnhaftigkeit eines so gefährlichen Extremsports wie Bergsteigen kann Huber zwar verstehen. Es sei schwierig, einem Laien dieses Wagnis zu erklären. "Für mich ist es lebensbejahend. Weil es die ehrlichste Welt ist, die ich kenne. Anders als hier in der Zivilisation, wo alles voller Eitelkeiten, Neid, Missgunst und Intrigen ist", sagt Huber der Zeitung. 

Er selbst sei schon mehrfach knapp dem Tod entronnen. Besonders eng sei es 2016 gewesen, als er am Brendlberg bei Berchtesgaden zwölf Meter gestürzt sei. Auch diesen Sommer in Pakistan habe es brenzlige Situationen gegeben. Trotzdem habe er nie einen Gedanken daran verschwendet, das Bergsteigen sein zu lassen. Im Gegenteil: Er sei gelassener geworden. Der Tod sei eben "ein launischer Geselle". Für ihn stehe außer Frage, dass er weitermacht – "auch den verstorbenen Freunden zuliebe."

Quellen: "Süddeutsche Zeitung", DPA

yks

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