"Das Einzige, was die Leute heutzutage bewegt, ist der Tod von jemandem, der fotogen war", sagte kürzlich der amerikanische Komödienregisseur Mike Nichols. Er wollte damit den Gleichmut seiner Landsleute angesichts täglicher Nachrichten über Verluste im Irak kritisieren. Der Tod des Schauspielers Heath Ledger hat die sarkastische Bemerkung auf traurige und seltsam rührende Weise bestätigt: Für ein paar Tage war der Name des erst 28-jährigen Australiers der am häufigsten eingegebene Suchbegriff im Internet; zehntausende Menschen formulierten Beileidsbekundungen auf den Leserbriefseiten ihrer Tageszeitungen oder auf flugs ins Netz gestellten Kondolenz- Websites; und vor dem Apartmenthaus Nummer 421 in der New Yorker Broome Street, wo Ledger tot aufgefunden wurde, häuften sich Blumen, Kerzen und Abschiedsbriefe.
Ledger war gewiss kein Star von der Strahlkraft eines Leonardo DiCaprio oder Matt Damon. Doch sein Ende kam schockierend früh und unerwartet, und die Umstände seines Todes waren rätselhaft - ein nackter junger Mann, Film-Millionär, in einem trostlos leeren Apartment, Medikamente im Haus. Nach Behördenangaben starb Ledger an einer Überdosis verschreibungspflichtiger Medikamente. Es soll sich um einen Unfall gehandelt haben. Doch nach seinem Tod veröffentlichte Videos, die Ledger beim Drogenkonsum zeigte, nährten auch andere Gerüchte. Und so kam es, dass die dürre Polizeinachricht sich binnen kürzester Zeit auswuchs zu einem wohlbekannten Phänomen. Nämlich dass jede Generation eine Berühmtheit in ihrer Mitte findet - und verliert -, deren unverdient kurzes Leben ikonenhafte Überhöhung erfährt.
Wie James Dean, mit dem er nun unweigerlich verglichen wird, war Heath Ledger ein Mann, der mit seiner Berühmtheit haderte. Hollywood wollte aus ihm - hochgewachsen, blond, mit tief liegenden, intensiven Augen und einem sensiblen, seltsam mädchenhaften Mund - einen Teenieschwarm machen, ihn in sexy Komödien oder Action-Abenteuer voller Happy Ends und Trallala stecken. Doch Ledger war nicht interessiert daran. Er suchte Rollen, "die mir Angst machen", wie er einmal in einem Interview sagte. Er wirkte verletzlich vor der Kamera, getrieben, zeigte Tränen und manchmal nervige Ticks, war auf jene Art unmännlich, die Frauen häufig attraktiv finden.
Viele beschrieben ihn als unglücklich
Zum Zeitpunkt seines Todes, sagt seine Familie in Perth, sei er krank gewesen und habe Medikamente genommen. Sein Leichnam war nach der Obduktion zu ihnen nach Perth überführt worden. Dort fand auch die Trauerfeier statt, auf der neben hunderten Fans auch viele Prominente wie seine Exfreundin Michelle Williams, Cate Blanchett und das Model Gemma Ward Abschied nahmen. Er habe sich nicht das Leben nehmen wollen - auch wenn viele, die zuletzt mit ihm gearbeitet haben, ihn als unglücklich beschrieben haben. Seit der Trennung von der Schauspielerin Michelle Williams vor einem halben Jahr fürchtete er, seine zweijährige Tochter Matilda aus den Augen zu verlieren. Er vergötterte das Kind. Als sie zur Welt kam, lebte er mit Williams in Brooklyn, weitab von Hollywood, und versuchte ein Leben als "Mr Mom".
Doch erinnern sich seine Freunde nun an den anderen, den wilden Heath. Ein Partygänger, der den Schmerz über die Trennung mit harten Drinks betäubte, der als rastlos galt, von Drehort zu Drehort eilte und dann seine aufgepeitschten Nerven mit Medikamenten beruhigen musste. Wie herzzerreißend talentiert er war, sah man an seiner berühmtesten Rolle, dem schwulen Cowboy im Drama "Brokeback Mountain". Am Ende des Films liebkost er - bitter geworden durch das falsche Leben, in das er sich von Konventionen hat treiben lassen - das Hemd, das sein Liebhaber einst trug, und über sein Gesicht ziehen die Schatten all der Dinge, die hätten sein können. Vielleicht muss man all die betroffenen und hilflosen, die vielen Worte, die weltweit über Heath Ledger gefallen sind, so verstehen: als Bedauern nicht nur über das, was geschehen ist. Sondern über all das, was hätte sein können.
Ledgers Beisetzung erfolgte in aller Stille. Es waren nur zehn Familienmitglieder teilnehmen, sagte sein Vater Kim Ledger. Es sei schwierig genug, dass die Familie mit der Situation selbst fertig werde. Auf der Einladung zu der Trauerfeier hieß es: "Dieser Raum ist voller Liebe, die wir alle für einen großartigen Freund empfinden, den wir alle vermissen werden. Wir bedanken uns bei allen, die sich um ihn gekümmert und an seinem großartigen Leben teilgenommen haben."