Daniel Hartjen ist ständig auf der Jagd. Ganz gleich ob er in Hamburger Clubs Reggae- oder Soul-Platten auflegt, seine Kumpel im Skateboard-Laden besucht oder durch St. Pauli schlendert. Immer hat er ein Ohr für die neuesten Klänge und vor allem ein Auge auf junge Leute mit ausgefallenen Klamotten. Denn Daniel arbeitet als Trendscout für die Hamburger Jugendmarketing- Agentur »T-Factory«. Wer ihm auffällt, den fragt der 24-Jährige, ob er nicht vorbeikommen und erzählen wolle, was gerade angesagt sei.
200 Jugendliche gehen pro Stadt auf die Suche
Denn statt dem »letzten Schrei« hinterher zu rennen, lässt Daniel die Szene-Kenner zu sich in die Agentur kommen. »In neun Städten in Deutschland und Österreich arbeiten wir jeweils mit 200 Jugendlichen zwischen 11 und 29 Jahren zusammen. Die laden wir zwei Mal im Jahr zu einem Gruppengespräch ein«, erzählt »T-Factory«-Gründer Bernhard Heinzlmaier. Seine Agentur erstellt Jugendstudien für Unternehmen wie H&M, VIVA, Coca-Cola oder Nestlé. Dazu diskutieren die jungen Leute mit Daniel in gemütlicher Runde darüber, welche Mode und Marken ihnen bei der nächtlichen Pistentour aufgefallen sind oder wie hoch HipHop-Musik derzeit im Kurs steht. Danach schreibt er ein Dossier mit Kurzporträts über verschiedene deutsche HipHop-Gruppen und gibt es an den Auftraggeber weiter. Der bekommt so wertvolle Informationen, maßgeschneidert und aus erster Hand.
Daniel kennt sich in der Szene aus, nicht nur weil er schon immer dazu gehört hat. Er liest auch ständig Lifestyle-Magazine wie »Spex« oder »Backspin«, um stets einen Wissensvorsprung zu besitzen. Seit drei Jahren arbeitet er für die Agentur, von seinem Lohn könnte ein Student bequem leben. »Bei uns arbeiten häufig Leute, die in verschiedenen Jugendszenen drin sind. So wirken sie glaubhaft und verstehen auch die Sprache der Jugendlichen«, sagt Heinzlmaier. Und das mache Trendscouts so wertvoll.
Nachfrage nach Trendscouts steigt enorm
»Die Märkte splitten sich immer stärker auf, und die Konkurrenz wird immer härter. Da sind viele Firmen unsicher, wie sie ihre Produkte gestalten sollen. Deshalb sind Trendscouts heutzutage wichtiger denn je«, sagt Chris Häberlein, Gründerin der Berliner PR- Agentur »Häberlein & Mauerer«, die ebenfalls Trendscouts und Trendforscher beschäftigt. »Fast jede Marketing- oder PR-Agentur hat mittlerweile eine Abteilung, die sich speziell um Trends kümmert«, erzählt Häberlein.
Trends müssen in den Lebensstil passen
»Trotzdem muss man auch auf seine innere Stimme achten«, sagt Daniel. »Wer nur darauf schaut, was sich schnell in bare Münze umsetzen lässt, liegt schnell daneben.« Beispiel: Die Discomusik »Two-Step« floppte seiner Meinung nach vor zwei Jahren, weil sie voreilig hochgejubelt wurde. »Ein Trend setzt sich meistens nur dann durch, wenn er in den Lebensstil der Jugendlichen natürlich eingebunden ist. Und das war beim 'Two-Step' nicht der Fall.« Trends müssen sich langsam aufbauen: »Wenn ich an einem Wochenende zwei Leute mit einer nie da gewesenen Hose sehe und einen Monat später schon zehn, dann kann man vorsichtig von einem Trend sprechen.«