Der gelernte Setzer aus Witrubowo bei Moskau wurde zu einem der berühmtesten CLOWNS der WeltZur Person :
LEBEN AUF DEM LAND Oleg Popov, 70, wohnt mit seiner Frau Gabriele im Zirkusdorf Egloffstein bei Nürnberg. Er hatte die heute 38-Jährige während einer Vorstellung kennen gelernt - bei einer Pantomime bat er sie um ihre Telefonnummer. Die beiden sind seit acht Jahren verheiratet. Oleg Popov, der vor 50 Jahren zum ersten Mal auftrat, erhielt viele internationale Preise.
Was unterscheidet einen alten Clown von jüngeren Kollegen?
Ich kann nicht mehr so hüpfen und springen wie früher. Aber ich habe viel gesehen, gefühlt, gelacht und gelitten, und vielleicht wird man dadurch ein bisschen altersweise. Die Szene, in der ich früher einen Sonnenstrahl einfing und ihn in meinem Korb aus der Manege trug, spiele ich jetzt anders: Ich schütte das Licht über die Zuschauer aus, bevor ich gehe.
Wissen Sie, wie viel Menschen Sie schon zum Lachen gebracht haben?
Keine Ahnung.
500 Millionen.
Haha! So ein Unsinn. Man muss die Auftritte nicht zählen, und Lebensjahre auch nicht, und vor allem sollte man nicht das Geld ständig zählen. Dadurch wird es auch nicht mehr.
Man sagt den Deutschen nach, sie hätten keinen Humor. Stimmt das?
Genau das hatte man mir erzählt, bevor ich 1958 das erste Mal in Deutschland aufgetreten bin. Ich weiß nicht, wer das Gerücht in die Welt gesetzt hat. Die Deutschen lieben den Zirkus - und besonders die poetischen Nummern.
Sie mussten Ihr ganzes Leben lang komisch sein. Nervt das nicht irgendwann?
Als Clown muss man seinen Beruf lieben. Es hat keinen Sinn, sich krampfhaft zu bemühen, die Leute zum Lachen zu bringen.
Was machen Sie, wenn Ihnen gute Laune fehlt?
Dann höre ich fröhliche Musik, mit viel Tempo. Das hilft.
Der französische Pantomime Marcel Marceau meint, Ihr Humor sei naiv, sanft und verträumt. Hat es Sie nie gereizt, auch mal derbe Späße zu machen?
Tortenschmeißen ist nicht meine Sache. Das heißt aber nicht, dass Torten-Komik schlecht ist. Wir brauchen unterschiedliche Clowns.
Das Klischee vom Clown ist, dass er in Wahrheit sehr traurig sei.
Irgendjemand hat das irgendwann mal geschrieben, und allen hat's gefallen. Wenn man in der Manege ständig lustig sein muss, dann möchte man sich anschließend ausruhen. Und in einem solchen Moment ist man sicherlich nicht lustig - so weit stimmt das Klischee. Clowns geht es wie Ärzten: Die haben es auf Partys auch schwer, weil jeder ankommt und sagt: Mein Knie tut weh, was könnte das sein?
Sie haben schon mal eine zahme Ratte an einem Fallschirm in die Manege schweben lassen. Lebt die noch?
Nein, sie ist schon lange tot, Ratten werden nur drei Jahre alt. Inzwischen arbeiten wir mit der vierten Generation. Meine Frau dressiert sie.
Man hat Sie den »weltbesten Clown aller Zeiten« genannt ...
Das ehrt mich, wenn man so gut über mich schreibt, aber ich habe mich nie so gefühlt.
Hat unser Computer- und Fernsehzeitalter noch Platz für den Zirkus?
Zirkus wird es immer geben, er wird nur nach anderen Formen suchen, wie beispielsweise der Cirque du Soleil. In der Kunst muss man immer Experimente wagen.
Staunen die Kinder noch wie vor 30 Jahren?
Ja. Man kann nicht ständig vor einem toten Ding wie einem Computer sitzen. Irgendwann wollen Kinder auch Hunde, Pferde, Elefanten und die Natur sehen. Ohne das kann man nicht leben. Eines stimmt aber: Die Kinder werden heute viel schneller erwachsen als früher. Ich wundere mich manchmal, wie sie das durchstehen.
Sie haben mal gesagt, ein Clown geht nicht in Pension, man trägt ihn aus der Manege.
Ich kenne einige, denen es so ergangen ist. Ich höre nur dann auf, wenn das Publikum mich nicht mehr will.
Warum sollte das passieren?
Das weiß ich nicht. Man muss aber immer auf alles vorbereitet sein.
Ihre Botschaft?
Ich möchte meinen Zuschauern nur eines sagen: Liebt das Leben!