Mailänder Sommermode 2005 Mehr ist mehr

Die berühmte, schlichte Mailänder Eleganz kann man vergessen. Die Modebotschaft der Milano Moda Donna lautete nicht: Weniger ist mehr, sondern: Mehr ist mehr.

Auf den meisten Laufstegen, auf denen neun Tage lang rund 100 Kollektionen präsentiert wurden, schwelgten die Designer in allem, was Kleidung aufputzt: Farbe, Muster, Stickereien. Ethno und Reise, Romantik und Glamour lauten die Schlüsseltrends der neuen Saison.

Optimismus und Lebensfreude wollen die Modemacher mit ihren Kollektionen vermitteln. Zur Inspiration zog es sie in die Ferne. "Mein Mann und ich waren in Afrika. Er hat Tiere gejagt und ich Ideen", sagte die italienische Designerin Anna Molinari. Es ist natürlich ein verklärtes Afrika, das sie und ihre Kollegen im Sinn haben, an den Flüchtlingslagern des Sudan dürfte niemand vorbeigekommen sein.

Optimismus bei Versace

Optimismus möchte auch das Mailänder Traditionshaus Versace endlich wieder einmal ausstrahlen können, denn die Nachrichten, die es in den vergangenen Monate lieferte, waren eher niederschmetternd. Zahlungsschwierigkeiten, dazu die Kreativchefin Donatella Versace auf Drogenentzug und zuletzt die faktische Entmachtung der Familie durch die Wahl eines externen Geschäftsführers, des renommierten Modemanagers Giancarlo di Risio. An der Show am späten Samstagabend, dem letzten Höhepunkt der Mailänder Defilees, wurde bereits in Ansätzen deutlich, dass er gewillt ist, das Image zu korrigieren: keine Party nach der Show und Versus, die junge Linie des Hauses, wurde aus dem Programm genommen. Nur für eine Saison, aus Gründen der Neustrukturierung, wie es offiziell hieß.

Im Sommer 2005 überrascht Versace mit einer soften und femininen Handschrift. Die Kollektion wirkte sehr aufgeräumt, bestand nur aus wenigen Formen. Alles Schreiende, was der Marke in jüngster Vergangenheit anhaftete, ist zudem eliminiert. Im Zentrum stehen raffiniert drappierte Kleider in frischen Makeup-Farben und den Schattierungen des Meeres.

Glanz und Opulenz bei Cavalli

Wann immer die Mode an Glanz und Opulenz zulegt, schlägt die große Stunde von Roberto Cavalli. Wohl keinem anderen Designer gelingt es mehr Steine pro Quadratzentimeter aufzusticken, keiner kann Stoffe raffinierter bedrucken, schlitzen oder aufwirbeln wie der Mann aus Florenz. Dieses Image bestätigte er am Samstag nachhaltig. Luxus- Nomadinnen nannte er seine Frauen. Heute in Ibiza, morgen in der Karibik und übermorgen auf Safari im afrikanischen Busch. Trägt sie nicht Stickereien, dann Makramee-Arbeiten, zu Ornamenten geknüpfte Fäden.

Indien, das andere große Ziel der modischen Reiselust im Sommer 2005, mischte sich bei Etro zu den auch dort vorhanden afrikanischen Einflüssen. Ethno allerdings ist Teil der Firmenphilosophie des italienischen Familienunternehmens und deshalb weniger dem aktuellen Trend unterworfen. Die Röcke fallen bei Etro weit und in Plissees gelegt. Die Hosen der Anzüge enden kurz in Bermudaform.

Kleider gehören zu den großen Gewinnern der kommenden Sommermode. Dass Röcke, von kniekurz bis bodenlang, weitaus stärker auftreten als Hosen, unterstreicht die insgesamt sehr weibliche Grundstimmung der neuen Kollektionen. Auch bei Trussardi fanden sich am Samstag alle wichtigen Trends wieder. Die kräftigen und frischen Farben, die schwingenden Röcke, die Drapierungen und Stickereien und das Top, neben der Bluse das dominierende Oberteil.

Prada ist Trendsetter

Und was macht Miuccia Prada? Die Mailänder Trendsetterin ist mit ihren Ideen oft schon eine Saison weiter und steht deshalb unter besonderer Beobachtung. In ihrer Hauptlinie spielte sie mit Federn. Die zweite Kollektion Pradas, Miu Miu, ließ sich unter anderem von japanischen Comics inspirieren. Ihre grafische Ornamentik war von so starker Prägnanz, dass die entsprechenden Kopien schneller den Weg in die Filialen von H&M oder Zara finden könnten, als es Miuccia Prada lieb sein dürfte.

Axel Botur

PRODUKTE & TIPPS