65.000 Unterschriften gesammelt "Wir wurden boykottiert": Initiatoren von Rammstein-Petition berichten von Bot-Angriffen

  • von Gerrit-Freya Klebe
Till Lindemann
Till Lindemann bei einem Konzert in Düsseldorf im vergangenen Jahr 
© Malte Krudewig / DPA
Eine Petition sammelte online Stimmen, um gegen die angekündigten Rammstein-Konzerte in Berlin zu protestieren. Dann wurde sie von einem Bot-Netzwerk angegriffen und musste offline gehen.

Drei Tage lang musste die Petition "Keine Bühne für Rammstein" von Britta Häfemeier offline genommen werden. Der Grund: Ein gezielter Angriff eines Bot-Netzwerks. Mehr als 60.000 Stimmen wurden innerhalb weniger Stunden mit Bot-Accounts abgegeben. "Das Ziel war, die Petition ungültig zu machen und so zu verhindern. Wir wurden boykottiert", sagt Häfemeier im Gespräch mit dem stern.

"Zum Glück haben wir es rechtzeitig gemerkt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Rammstein-Fans waren." Auffällig seien die E-Mail-Adressen der Bots und die schiere Menge gewesen, die gefälschten Unterschriften wurden daraufhin gelöscht.

Mit ihrer Petition, in der sie die Absage der Berliner Konzerte der Band fordert, macht sich Häfemeier nicht nur Freunde. Sie bekomme Hass von Rammstein-Fans. Bedrohungen, die sie "nicht wiederholen will". Doch sie bekommt auch Nachrichten, die ihr Kraft geben und sie ermutigen, weiter zu machen: Von Frauen, die sich bedanken für Häfemeiers Unterstützung und Einsatz. 

Rammstein-Petition: Organisatorin bekommt Hass-Nachrichten und Drohungen

Auch sie hat die Geschichten verfolgt, die etliche Frauen zuletzt in den Medien erzählt haben. Es ging um Vorkommnisse auf Till Lindemanns Aftershow-Partys.

Für eine regionale Petition habe sie viel Aufmerksamkeit bekommen, findet Häfemeier. Am Ende kamen knapp 65.000 Unterschriften zusammen. Die Petition hat sie nun an die Berliner Innensenatorin Iris Spranger übergeben. Der Hintergrund: Spranger sitzt im Aufsichtsrat des Berliner Olympiastadions. Und genau dort sollen die Konzerte stattfinden. 

In Berlin liegt die Konzert-Location also nicht in der Hand privater Veranstalter, sondern in öffentlicher Trägerschaft. Dass der Senat das Konzert absagt, gilt jedoch als unwahrscheinlich, wie die "Berliner Morgenpost" berichtet. So sagte Spanger: "In unserem Rechtsstaat gilt die Unschuldsvermutung." Das sei auch auf Rammstein anzuwenden. Sie habe sich dafür eingesetzt, dass es in Berlin keine Aftershow-Partys gebe, mehr könne sie aber nicht tun. 

Häfemeier reicht diese Aussage nicht, im Gespräch mit dem stern kritisiert sie das Vorgehen: "Wenn sie den Schutz der Frauen ernst meinen würde, würde sie alles absagen." Berlin könne mit einer Absage auch eine Vorbildfunktion für andere Städte haben.

Im nächsten Schritt will Häfemeier einen Offenen Brief an Innensenatorin Iris Spranger schreiben. Sollte auch der nicht zu einer Absage führen, wurde schon eine Demonstration für den 15. Juli angemeldet, an diesem Tag soll das erste der Berliner Rammstein-Konzerte stattfinden.

Dass auch sie für ihre Engagement ein Schreiben von Till Lindemanns Anwälten bekommt, wie bereits andere Frauen, die öffentlich ihre Geschichten erzählt haben, davor hat Häfemeier keine Angst. "Ich lasse mich nicht einschüchtern", sagt sie.

"Hinter der Tournee steckt viel Geld und daran hängen auch Arbeitsplätze, das weiß ich. Aber das sollte trotzdem kein Grund sein, sich beide Augen zuzukleben und wegzuschauen. Ein sicheres Umfeld für Frauen ist wichtiger. Und auf Rammstein-Konzerten kann es das nicht geben, wie die vielen Berichte zeigen."

Zusätzliche Quelle: "Berliner Morgenpost"

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