Sie sind ein Mensch, der durchaus eigene Fehler einräumt, aber weiß, diese gut zu kaschieren? Und ich wette, dass in Ihnen jede Menge Potenzial schlummert, Sie aber manchmal nicht wissen, wie Sie es richtig abrufen. Für Ihre Liebsten sind Sie immer da, selbst wenn es manchmal Stress bedeutet. Sie arbeiten viel. Und obwohl Sie das tun, bekommen Sie familiären und beruflichen Verpflichtungen meist gut unter einen Hut. Ihre wichtigsten Freundschaften pflegen Sie wie einen Schatz, wenngleich der ein oder andere Mitstreiter über die Jahre verloren ging. Und eine Birne für einen Apfel lassen Sie sich nicht verkaufen. Vielleicht das eine Mal, aber zwei Mal passiert Ihnen dieser Fehler nicht.
Kalt Lesen: Kleiner Trick, große Wirkung
Wenn Sie bei einem oder mehreren Sätzen genickt haben, wissen Sie jetzt, warum Horoskope, Tarotkarten und Hellseherei funktionieren. Jede dieser Deutungen war kalt, weil keine auf irgendwelchen Informationen basierte, die ich über Sie weiß. Woher auch? Cold Reading (kaltes Lesen) nennt sich der Trick, allgemein gültige Binsenweisheiten so darzustellen, als hätte uns ein Blick in die Sterne gerade Ihre tiefsten Sehnsüchte offenbart.
Wer nun behauptet, er oder sie habe nicht einmal nicken müssen, dem sei gesagt, dass er oder sie eben ein Mensch ist, der sich nicht in eine Schublade stecken lässt. Stimmt's oder hab ich recht? Sei es drum, dass kaltes Lesen funktioniert, beweist eine ganze Industrie bestehend aus Horoskopen, Hellsehern, Tarotkarten & Co., die sich darum gebildet hat. Und sind wir ehrlich: Wenn es hilft, sich etwas besser zu fühlen oder gute Charaktereigenschaften zu fördern, dann ist es völlig egal, wie absurd es sein mag, dass uns eine Spielkarte offenbart, was wir eh schon wussten.
Die Psychologie hinter kaltem Lesen
Warum aber funktioniert das kalte Lesen überhaupt? Nun, das liegt weniger an der Aussage selbst, als vielmehr an dem, der sie aufnimmt. Sie und ich, Ihr Nachbar und Ihr Kollege und Ihre Freunde eint, dass wir uns alle selbst ein wenig zu wichtig nehmen. Entsprechend neigt der Mensch dazu, allgemein gültige Aussagen auf die eigenen Person so zu interpretieren, dass sie als zutreffende Beschreibung der eigenen Persönlichkeit wahrgenommen werden. Barnum-Effekt taufte Bertram R. Forer (geb. 24. Oktober 1914, gest. 6. April 2000) das Schnippchen, welches unser Hirn uns dabei schlägt. Entdeckt hat es der US-amerikanische Psychologe mit einem Experiment.
Das Experiment
Darin ließ Forer seine Studenten einen Persönlichkeitstest absolvieren. Als Ergebnis erhielten die Probanden eine auf sie "zugeschnittene" Charakterbeschreibung von Forer. Auf einer Skala von 0 bis 5 mussten sie dann einschätzen, wie sehr die Beschreibung zutreffe. Die Zustimmung der Studenten zu dem Text lag bei 4,26. Der Twist: Jedes Testkaninchen bekam dieselbe Beschreibung mit allgemein gültigen Binsenweisheiten über Menschen. Kurios, dass die meisten dachten, der Text spiegele ihre Persönlichkeit doch recht gut wieder. Immerhin sind wir alle doch einzigartig. Andere Psychologen wiederholten das Experiment mit ähnlichem Ergebnis.
Tarotkarten
Und genau auf diesem Prinzip fundieren Tarotkarten, Hellseherei, Handlesen und Horoskope. Das Schöne daran: Sie wecken in uns Erinnerungen an vergangene Geschichten oder lenken die Gedanken auf kürzlich Erlebtes. Gerade in kleinen Runden unter Freunden ist das ein Riesenspaß, wenn die Floskeln eine ganze Gruppe anfachen, die daraus Rückschlüsse auf das Leben der einzelnen zieht und man gemeinsam die Deutungen deuten kann. Und selbst auf Partys auf denen man niemanden kennt, kann eine kalte Deutung helfen, ins Gespräch zu kommen oder eben jenes aufrecht zu erhalten. Mit unlauteren Absichten sollten Sie den Spaß aber nicht betreiben. Dafür gibt es schon genug andere Scharlatane.
Tarot für Anfänger
Steht Ihnen der Sinn, bei Ihrer nächsten Party einen kalten Blick in die Zukunft Ihrer Gäste zu werfen, empfiehlt sich dafür ein Anfängerbuch mit ausführlichen und äußerst schwammigen Allgemeinfloskeln, um der Interpretation von Binsenweisheiten freien Lauf zu lassen. Hajo Banzhaf (geb. 15. Mai 1949, gest. 11. Februar 2009) gilt in Esoterikerkreisen als Koryphäe – jedenfalls behauptet das die Rückseite seines Buches inklusive Tarotkarten. Und was verraten uns die Karten über unsere Zukunft wie beispielsweise das "Ass der Schwerter"?
- "Was das Bild ausdrückt: Jedes Ass bietet eine Chance. Das Ass der Schwerter bietet eine gute Gelegenheit, etwas zu verstehen, zu klären und zu entscheiden."
- "Als Thema bedeutet das Ass der Schwerter: Es geht um eine Chance, die entdeckt und entfaltet werden will. Sie beinhaltet eine wichtige Erkenntnis, ein kluges Urteil und sie kann zu Eindeutigkeit führen."
- "Als Vorschlag rät das Ass der Schwerter: Achten Sie auf die Chance, die vor Ihnen liegt. Sie hilft Ihnen, eine kluge Entscheidung zu treffen, etwas zu klären oder etwas Wichtiges zu verstehen."
Wenn das mal nicht nach einer selbsterfüllenden Prophezeiung klingt. Wer Chancen sucht, der findet sie. Ich bin mir sicher, Sie werden eine kluge Entscheidung treffen, wenn die Chance kommt. Nicht so wie damals, als Ihnen eine Birne für einen Apfel verkauft wurde. Und Sie werden dabei eine wichtige Erkenntnis gewinnen. In diesem Sinne: Lassen Sie sich von Ihrem klugen Urteil leiten, erwarten Sie nichts und das Beste wird kommen. Ich weiß, Sie schaffen das.
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