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Bertrand Cantat Das Comeback des Rockstars, der seine Freundin getötet hat

Bertrand Cantat
Bertrand Cantat bei einem Autritt im Jahr 2014
© Hugo Marie/picture alliance
Bertrand Cantat war einer der größten französischen Rockstars, bis er seine Freundin, die Schauspielerin Marie Trintignant, zu Tode prügelte. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis startete er ein Comeback. Jetzt ziert er sogar das Cover eines berühmten Musikmagazins in Frankreich.

In einer Julinacht im Jahr 2003 ist die Karriere des französischen Rockstars Bertrand Cantat eigentlich zu Ende. Bis dahin war er gefeierter Rocksänger der Band Noir Désir, das Idol einer ganzen Generation, turbulentes Privatleben inklusive: Ein Jahr zuvor hatte er seine Frau, die ungarische Übersetzerin Kristina Rády und die beiden gemeinsamen Kinder, zurückgelassen, um mit der französischen Schauspielerin Marie Trintignant zusammen zu sein.

Bis zu jener Nacht im litauischen Vilnius, wo sich Trintignant wegen Dreharbeiten aufhält. Jener Nacht im Hotel, als Cantat zu Besuch ist und es zum Streit kommt. Der damals 39-Jährige schlägt seine Geliebte so heftig, dass sie in ein Koma fällt, aus dem sie nicht mehr erwacht. Erst nach Stunden ruft Cantat, der zum Tatzeitpunkt betrunken ist, medizinische Hilfe. Trintignant wird in ihr Heimatland überführt und stirbt Tage später in einem Krankenhaus in Paris. 2004 wird Cantat wegen Totschlags und unterlassener Hilfeleistung zu acht Jahren Haft verurteilt, aber schon im Oktober 2007 wird er wegen guter Führung aus dem Gefängnis entlassen.

Bertrand Cantat will sich nicht mehr erinnern können

Die Tragödie um das prominente Paar erschüttert Frankreich wie nur wenige Kriminalfälle der jüngeren Vergangenheit. Wieder auf freiem Fuß, findet Cantat bei seiner früheren Partnerin, die ihm auch während des Prozesses schon öffentlich zur Seite stand, Rückhalt - bis Rády sich 2010 das Leben nimmt.

Zu diesem Zeitpunkt macht Cantat bereits wieder Musik. Zwar haben drei von vier Franzosen einer Umfrage zufolge eine schlechte Meinung von Cantat, seine Rückkehr auf die Bühne halten sie trotzdem für normal. 2013 spricht er mit der Musikzeitschrift "Les Inrockuptibles" ausführlich über sein Leben, die Nacht von Vilnius und die Folgen. Er habe nichts von dem verstanden, was sich damals abspielte, und er könne sich nicht erinnern, "in welchem Zustand wir uns befanden." Als Trintignant im Krankenhaus lag, habe er sich umbringen wollen. Es sei "schrecklich und abstoßend, das Symbol für Gewalt gegen Frauen geworden zu sein".

Cantat beschließt, weiter an seiner musikalischen Karriere zu arbeiten - bis heute. Zurzeit macht er Werbung für sein neues Album "Amor Fati". Abermals bietet "Les Inrockuptibles" ihm ein großes Forum: Im Interview mit dem Magazin spricht Cantat über seine Karriere nach Trintignants Tod, aber vor allem über die neue Platte. Der eigentliche Skandal ist aber ein anderer: Das Magazin hat den heute 53-Jährigen aufs Cover gehoben.

Das Titelbild hat einen Shitstorm ausgelöst und sorgt in Frankreich auch bei Politikern und Kulturschaffenden für große Empörung. Warum man einen solchen Titel ertragen müsse, fragt Marlène Schiappa, Staatssekretärin für die Gleichstellung von Männern und Frauen, via Twitter. Der renommierte Regisseur Matthieu Kassovitz ("Hass") spricht in einem Tweet von Provokation.

"Das Gesicht aller weiblichen Opfer"

Das Frauenmagazin "Elle" kontert mit einem Cover, auf dem Marie Trintignant abgebildet ist. Im Editorial der Ausgabe wird sie zum Symbol erklärt: "Ihr Gesicht ist das Gesicht aller weiblichen Opfer der Gewalt von Männern. Das Gesicht der 123 Frauen, die im letzten Jahr von ihren Partnern getötet wurden." Trintignant repräsentiere zudem alle Frauen, die im Fall Harvey Weinstein öffentlich Position gegen den Hollywood-Produzenten bezogen haben.

"Les Inrockuptibles" reagiert mit einem Brief an seine Leser auf die Kritik. Das Magazin bezeichnet sein Timing angesichts des Weinstein-Skandals als "unangemessen": "Das Leiden, das womöglich durch das Cover verursacht wurde, hat uns tief berührt." Es sei diskutabel, Cantat auf dem Cover abzubilden. Man spreche denen, die sich dadurch verletzt fühlen, "unser tiefes Bedauern" aus.

Es steht noch nicht fest, ob sich das neue Album von Bertrand Cantat aufgrund der Schlagzeilen besser verkauft oder nicht. In aller Munde ist der Rockstar, der seine Frau getötet hat, in diesen Tagen in Frankreich aber auf jeden Fall.

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