Spahn steht seit vergangener Woche unter verstärktem Druck. Medien hatten über einen internen Bericht aus dem Gesundheitsministerium zur Aufarbeitung der kostspieligen Maskenbeschaffung berichtet. Die Vorwürfe richten sich unter anderem dagegen, dass Spahn dem Logistikunternehmen Fiege aus seiner münsterländischen Heimat ohne Ausschreibung einen Auftrag zur Maskenbeschaffung im Volumen von 1,5 Milliarden Euro erteilt habe.
Spahn sprach von einer "Jahrhundertkrise": "Wir hatten keine Masken, kein Desinfektionsmittel, wir waren völlig unvorbereitet." Der Krisenstab der Bundesregierung habe damals entschieden, dass sein Haus die Beschaffung der Masken übernehmen solle. Dass es damals Warnungen vor der Beauftragung von Fiege gegeben habe, sei ihm nicht bekannt.
Spahn ging davon aus, dass Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) wie angekündigt kommende Woche den Haushaltsausschuss des Bundestags über den Prüfbericht informiert. Dabei soll es aber nur einen Bericht über den Bericht geben, die vollständige Untersuchung soll nicht weitergegeben werden. Spahn verwies dabei auch auf Persönlichkeitsrechte damaliger Mitarbeiter, die in dem Bericht genannt werden.
Der 170 Seiten umfassende Bericht war im Auftrag des früheren Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) war von der Sonderbeauftragten Margaretha Sudhof erstellt worden. NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" hatten vergangene Woche über Auszüge daraus berichtet.
Spahn hatte 2020 zu Beginn der Pandemie Lieferanten eine unbegrenzte Abnahme von Masken zu einem Preis von 4,50 Euro pro FFP2-Maske garantiert. Später verweigerte das Ministerium teils die Bezahlung, unter anderem mit Verweis auf fehlerhafte oder verspätete Lieferungen. Letztlich wurde ein großer Teil der Masken nicht benötigt. Lieferanten klagten in den vergangenen Jahren gegen den Bund. Dabei geht es um hunderte Fälle mit einem Streitwert in Milliardenhöhe.
Generell sei damals Motto in der Bundesregierung gewesen "Lieber Geld verlieren als Menschenleben", sagte Spahn in der ZDF-Sendung "Markus Lanz". "Aus heutiger Sicht" würde er dieses sogenannte Open-House-Verfahren nicht mehr machen. Nach Beginn der Pandemie habe die Beschaffungslage bei Masken einem "Wild-West-Markt" geglichen: "Es gab Tage, da kosteten die 13 Euro das Stück - eine Maske, die heute Cents kostet. Es gab Tage, da war es günstiger."
Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch kritisierte, es gebe nach Spahns Äußerungen "mehr offene Fragen denn je". Dass der Sudhof-Bericht durch Warken nicht veröffentlicht werden solle, rieche nach "CDU-Filz und Mauschelei", schrieb er am Donnerstag im Online-Dienst X. Auch bei der Auftragsvergabe an Fiege habe Spahn eine "Nebelkerze" geworfen, denn er habe den Deal an das Unternehmen aus seiner Heimat "gegen den Krisenstab (...) durchgedrückt".
Dass es zwar eine Enquete-Kommission, aber keinen Untersuchungsausschuss geben solle, sei eine weitere "Nebelkerze", erklärte Audretsch. "Was gibt es zu verbergen?"