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CSU-Sprecher tritt wegen umstrittenen Anrufs beim ZDF ab

Der angebliche Versuch von Einflussnahme der CSU auf die ZDF-Berichterstattung hat personelle Konsequenzen ausgelöst.

Der angebliche Versuch von Einflussnahme der CSU auf die ZDF-Berichterstattung hat personelle Konsequenzen ausgelöst. CSU-Chef Horst Seehofer entließ auf dessen eigene Bitte den Parteisprecher Hans Michael Strepp, wie die Christsozialen in München mitteilten. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bezeichnete Strepp als "Bauernopfer" und forderte weitere Erklärungen von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt.

Strepp war seit Mai 2006 CSU-Sprecher, er war noch vom damaligen Parteichef Edmund Stoiber eingestellt worden. Am Sonntag hatte er in der Redaktion der ZDF-Nachrichtensendung "heute" angerufen, wie CSU und ZDF bestätigen. Umstritten ist der Inhalt des Telefonats. Während das ZDF von einem eindeutigen Versuch der Einflussnahme spricht, bestritt Strepp dies. In einem Schreiben an die ZDF-Chefredaktion entschuldigte er sich aber bereits am Mittwoch für den Fall, dass ein entsprechender Eindruck entstanden sei.

ZDF-Intendant Thomas Bellut veröffentlichte einen Ablauf der Intervention Strepps beim ZDF. Die Intention von Strepps Anruf bei der "heute"-Redaktion war laut Bellut "eindeutig". Der angerufene Redakteur fasste das Telefonat demnach so zusammen: "Er fragte, ob wir wüssten, dass weder die ARD noch Phoenix über den SPD-Landesparteitag berichten würden. Er sei informiert, dass wir einen Beitrag planten. Weit davon entfernt, in das Programm reinzureden, wolle er aber doch rechtzeitig zu bedenken geben, dass es im Nachklapp Diskussionen geben könnte, wenn das ZDF im Alleingang sende."

Bei dem Parteitag hatte die bayerische SPD den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude zum Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl im Herbst 2013 und damit zum Herausforderer von Ministerpräsident Seehofer gekürt. In seinen Ausführungen nannte ZDF-Intendant Bellut als bislang noch nicht bekannten Vorwurf an Strepp, dass sich die Intention einer Beeinflussung auch aus einer SMS an den Leiter des ZDF-Landesstudios München vom frühen Sonntagmorgen ergebe. Schon darin habe Strepp sich nach dem geplanten Umfang der "Berichterstattung Ude" erkundigt.

Später habe Strepp erfolglos versucht, mit dem Leiter der ZDF-Hauptredaktion Aktuelles Kontakt aufzunehmen, um über den SPD-Parteitag zu telefonieren, führte Bellut weiter aus. ZDF-Chefredakteur Peter Frey erklärte zu den Abläufen, "der CSU-Pressesprecher hat am Sonntag auf verschiedenen Wegen versucht, die Berichterstattung des ZDF über eine andere Partei zu beeinflussen".

Noch am Donnerstagnachmittag musste sich Seehofer einem Dringlichkeitsantrag der Opposition im bayerischen Landtag stellen. Er sagte dafür seine Teilnahme an einer nahe Weimar tagenden Ministerpräsidentenkonferenz ab. Seehofer hatte bereits am Mittwoch eine Einmischung in die Berichterstattung des ZDF als "inakzeptabel" bezeichnet.

Der Vorgang löste Kritik in der Bundes- und Landespolitik sowie vom Deutschen Journalistenverband aus. Die SPD im bayerischen Landtag nahm Seehofer ins Visier. Der Anruf mit dem angeblichen Ziel einer Einflussnahme auf die ZDF-Berichterstattung sei kein Ausrutscher, sondern Ausdruck der Pressestrategie Seehofers, sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher in einer Landtagsdebatte.

"Wir haben es mit einer handfesten Causa Horst Seehofer zu tun", sagte Rinderspacher. Es dränge sich der Eindruck geradezu auf, Strepp habe "nicht aus eigenem Antrieb beim ZDF angerufen, sondern er hat eine Auftragsarbeit erledigt".

Nahles nahm auch die CSU-Verantwortlichen ins Visier. Es sei "schwer vorstellbar, dass der Pressesprecher völlig eigenmächtig handelte", erklärte die SPD-Generalsekretärin. CSU-Generalsekretär Dobrindt müsse nun für Transparenz sorgen. Auch der Parlamentsgeschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, nannte Strepp ein Bauernopfer. "Die Frage ist doch, ist vorstellbar, dass ein Mitarbeiter so etwas auf die eigene Kappe macht? Wohl kaum."

AFP AFP

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