Gerade für viele körperlich hart arbeitende Menschen sei "die Rente mit 67 schon jetzt nur schwer zu schaffen", sagte Audretsch. Er forderte die Bundesregierung auf, längeres Arbeiten auf freiwilliger Basis und durch mehr Anreize zu forcieren, etwa durch altersgerechte Arbeitszeitmodelle und finanzielle Anreize. Zudem müsse Frauen ermöglicht werden, mehr zu arbeiten, etwa durch den Ausbau der Kinderbetreuung.
Reiche hatte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Samstag gesagt, die Lebensarbeitszeit müsse steigen. Der demografische Wandel und die weiter steigende Lebenserwartung machten das "unumgänglich". Es könne "jedenfalls auf Dauer nicht gut gehen, dass wir nur zwei Drittel unseres Erwachsenenlebens arbeiten und ein Drittel in Rente verbringen".
Was im Koalitionsvertrag an Reformen stehe, werde auf Dauer nicht reichen, fügte Reiche hinzu. Die Ministerin verwies auch auf den internationalen Vergleich: Unternehmen berichteten ihr, dass ihre Beschäftigten am US-Standort 1800 Stunden pro Jahr arbeiteten, in Deutschland aber nur 1340 Stunden. Für ihre Aussagen bekam Reiche bereits Kritik vom Koalitionspartner SPD.
Linken-Chefin Ines Schwerdtner kritisierte Reiches Aussagen ebenfalls. Die Ministerin beteilige sich "nahtlos an der Kampagne der Arbeitgeberseite gegen den Sozialstaat", sagte Schwerdtner dem RND. Sie warf Reiche Parteinahme für die Wirtschaft vor. "Wenn die Lobbyisten der Konzerne in der Regierung sitzen, dann kommt dabei einseitige Politik raus." Das sei nicht im Interesse der Mehrheit.
"Nach 40 Jahren Arbeit sollte jeder eine armutsfeste Rente erhalten und nicht gezwungen werden, weiter zu arbeiten", fügte Schwerdtner hinzu. Die Arbeit in Deutschland sei konkurrenzfähig, weil die Produktivität hoch sei und weiter steige, aber auch "weil sich alle – Konzerne und Bevölkerung – auf eine funktionierende Infrastruktur und ein soziales Sicherungsnetz verlassen können", sagte die Linken-Chefin.