Insgesamt sahen gut 9,1 Millionen Menschen in der ARD und im Spartensender One die etwa vierstündige Finalshow. Dazu kamen fast 2,2 Millionen Streams im Internet. In der jungen Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen gab es einen Marktanteil von fast 80 Prozent bei der Fernsehübertragung - ein Langzeitrekord seit 1996.
Die hohen Zuschauerzahlen sprechen dafür, dass das Comeback von Stefan Raab als Produzent des deutschen ESC-Vorentscheids gelungen ist. Allerdings hatten Raab und die ARD-Programmdirektorin Christine Strobl im Vorfeld einen Sieg zum Ziel Deutschlands erklärt. Strobl ließ offen, ob Raab beim ESC im Boot bleibt. Innerhalb der ARD wechselt die Zuständigkeit für den Eurovision Song Contest vom NDR auf den SWR, dies eröffne "neue Perspektiven", erklärte Strobl.
Raab reklamierte insbesondere die hohen Einschaltquoten beim Vorentscheid im März als seinen Erfolg - er übernehme aber auch die Verantwortung für den 15. Platz. "Das ESC-Finale ist die einzige Fernsehshow, deren Erfolg nicht an der Quote gemessen wird, sondern an der Platzierung. Und die Platzierung war leider nicht so gut, wie wir es erhofft hatten."
Der deutschen Zerknirschtheit steht Jubel in Österreich über den insgesamt dritten Sieg nach Udo Jürgens und Conchita Wurst für die Alpenrepublik gegenüber. Der 24-jährige JJ, der mit bürgerlichen Namen Johannes Pietsch heißt, landete in der Nacht zu Sonntag deutlich vor Israel, Estland und den von den Wettbüros favorisierten Komikern KAJ aus Schweden.
Insbesondere die Jury belohnte die herausragende Gesangsleistung von JJ, mit 258 Punkten konnte er die Jurywertung deutlich gewinnen. Bei der Abstimmung der Zuschauer landete JJ allerdings nur auf Platz vier.
Es war das dritte ESC-Finale in Folge, bei dem der Gewinner der Jury-Wertung den Wettbewerb gewinnen konnte. Die Zuschauerabstimmung gewann die israelische Sängerin Yuval Raphael mit 297 Punkten deutlich - sie bekam aber lediglich 60 Punkte von der Jury. Die Israelin holte insgesamt 357 Punkte und lag damit mit nur einem Punkt Vorsprung vor dem für Estland startenden Tommy Cash, dessen Lied "Espresso Macchiato" von der komischen Inszenierung lebte.
Begleitet wurde das ESC-Finale von vereinzelten Protesten gegen Israels Teilnahme, pro-palästinenische Gruppen forderten einen Boykott wegen Israels Vorgehen im Gazastreifen. Während der Live-Show wollten zwei Zuschauer beim Auftritt Israels auf die Bühne vordringen, ein offenbar geplanter Farbanschlag mit roter Farbe konnte aber von Sicherheitskräften vereitelt werden. Das Fernsehpublikum bekam davon nichts mit.
Das im Vorfeld von den Wettbüros und durch Internet-Prognosen als klare Favoriten gehandelte Trio KAJ schaffte es überraschend nur auf den vierten Platz der 26 Teilnehmer. Mit ihrem Loblied aufs Saunieren mit dem Titel "Bara bada bastu" konnten KAJ weder bei der Jury- noch bei der Publikumsabstimmung gewinnen.
Für das für Deutschland startende Wiener Geschwisterduo Abor & Tynna reichte es mit 151 Punkten für das Lied "Baller" für den 15. Platz. Damit verpasste Deutschland nicht nur die erhoffte Platzierung in den Top Ten, sondern schnitt auch schlechter ab als im vergangenen Jahr, als Deutschlands Starter Isaak Zwölfter wurde. Allerdings holten Abor & Tynna mehr Punkte als Isaak.
Gewinner JJ ist der Sohn eines Österreichers und einer Philippinerin. Der gebürtige Wiener wuchs in Dubai auf. Als Jugendlicher kehrte er nach Wien zurück und machte eine Ausbildung an der Opernschule der Wiener Staatsoper, wo er bis heute auftritt.
JJ galt vor dem ESC-Finale hinter Schweden in den Wettbüros als Top-Favorit für den Sieg. Er sagte nach dem Sieg, dieser liege jenseits seiner "wildesten Träume". Seine Botschaft an die Menschen sei, "dass die Liebe nie vergeudet ist. Liebe ist wirklich die stärkste Kraft, die es da draußen gibt." Die Menschen sollten ihre Liebe teilen.